Samstag, 18. Dezember 2021

Der letzte Swipe - Ein hingewischter Text

 


llustration »Der letzte Swipe« | © ARD / Jürgen Freyy
 

Der letzte Swipe ist das dritte Hörspiel von Ben Alexander Safier in der Radio-Tatort Reihe, produziert von Radio Bremen und erstmalig gesendet im September 2021.

 

Inhalt

 


Die 20-jährige Maria verabredet sich mit Fynn, den sie auf einer Dating-App kennengelernt hat. Nach einem netten Abend verabschiedet sich Fynn, klingelt aber kurze Zeit später bei Maria, weil er den Zug verpasst hat und bittet sie darum, in der WG übernachten zu dürfen. Ihre beiden Mitbewohnerinnen sind nicht da und Maria stimmt nach einigem Zögern zu. Am nächsten Morgen wird Maria ermordet und zerstückelt von einer ihrer Mitbewohnerinnen aufgefunden. Da die Mitbewohnerin Julia glaubt, die Stimme aus der Dating-App wiederzuerkennen, entscheidet die Kommissarin Yelda, sich in der Dating-App als mögliches Opfer selbst auf die Suche zu machen. Es klappt und Yelda verabredet sich mit dem möglichen Täter. Obwohl verkabelt und gut überwacht, gelingt es dem Täter Yelda zu entführen! Dem Kommissar Jonathan gelingt es aber dank der Hilfe seines Bruders, der tief in der lokalen Mafia verwurzelt ist, die Identität des Täters genau zu ermitteln. Es kommt zu einem spannenden Showdown mit unerwartetem Ausgang.

 

Die Inszenierung

 

Man kann dem Hörspiel sehr gut folgen. In vielen kleinen abwechslungsreichen Szenen wird die Handlung vorangetrieben. Die Dialoge sind mal ruhig, mal zügig, immer bringt es Spaß zuzuhören. Wie auch in den anderen Hörspielen von Safier ist die Sprache gespickt mit jugendlich modischem Slang.  Trotz Hörerprotesten wird dem Engländer Johnathan nicht abgewöhnt, Englisch zu fluchen. Das muss man mögen, sonst wirkt es anbiedernd.

 

Yelda und Jonathan sind ein sympathisches Team, dass sich frotzelt, aber konzentriert seinen Job macht. Das Verhör der beiden Mitbewohnerinnen ist eine dramaturgische Glanzleistung. Und das Julia den Dater an der Stimme erkennt, ist auch eine passende Idee für ein Hörspiel. Schön ist, dass der Krimi durchaus Selbstironie hat. Eine nette Szene ist der Anruf von Johnathan beim Hammer Kollegen Latotzke. Er fragt nach, ob sie einen ähnlichen Fall schon gehabt haben und Latotzke wundert sich, dass Jonathan wirklich in ganz Deutschland herumtelefoniert, um nachzufragen.

Tatsächlich gibt es genügend Szenen im Hörspiel, die jeder Logik entbehren. So fährt Jonathan mit dem Fahrrad zur Arbeit, wird aber von seinem Bruder mit dem Auto abgefangen. Wo bleibt das Fahrrad? Auch das der Bruder des Kommissars eine lokale Mafia-Größe ist, ist sicher nicht für jedermann überzeugend. Aber einem ansonsten spannenden Krimi verzeiht man ja auch sonst Schwächen.

 

Alle Sprecher machen einen brilianten Job. Allen gelingt es den Figuren über den Text hinaus einen eigenen Charakter zu geben, das ist ja in den überwiegend kurzen Szenen nicht ganz einfach. Die Schwächen des Textes kann man den Sprechern nicht zuschreiben.

 

 

Alter Wein in neuen Schläuchen

 

Ein wenig erinnert das Hörspiel an einen Crime noir in neuem Gewand. Letztlich offenbart der Autor nämlich auch sehr konservative Positionen.

Die Grundstory, Mord als Folge einer Dating-App, ist eher aus der Klamottenkiste. Der Mafiosi-Bruder geht zum Kiosk, Waschsalon und zu einem Autohändler schon ist der Täter identifiziert! Wow. Und, ja natürlich wird man zum Mörder, wenn man eine kaputte Kindheit hatte. Yelda ist zwar eine Frau, verhält sich aber wie ein männlicher Lonesome-Cowboy.

Vielleicht sollten Redakteure der Tatort-Reihe mal nachdenken, warum 50 Jahre alte Kriminalhörspiele von Radio Bremen vor dem aktuellen Radio Tatort in der Meistgehört Position sind. Einer schwachen Story helfen gute Regie und Sprecher nur bedingt.

 

Fazit

 

Wer unter 25 Jahren ist, es spannend liebt und sich nicht an mangelnder Logik stört, wird Gefallen an dem Hörspiel finden. Ebenso konservative Hörer, die schon immer wussten, dass Dating-Apps des Teufels sind. Alle anderen Hörern würde ich lieber an andere Produktionen außerhalb der Tatort - Reihe verweisen, die es ,Gott sei Dank, immer noch bei den öffentlich-rechtlichen Sendern gibt.

 

 

Links

 

Gute Information und eine Rezension finden sich wie immer in den Hörspieltipps

Sonstiges

 

 

 

Das Hörspiel steht in der ARD Audiothek zum Download bereit.

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