Dienstag, 20. Dezember 2022

November – Ein Non-Maigret Hörspiel nach George Simenon

 

Cover des Romans

 

 

Der bereits 1989 verstorbene George Simenon ist ein kriminalistischer Fels in der Brandung. Anders als bei vielen Klassikern der Kriminalliteratur werden seine Bücher bis heute neu veröffentlicht und z.T. neu übersetzt. Seit 1953 wurde fast 80 Hörspiele mehrheitlich mit der beliebten Figur des Kommissar Maigret von allen großen Rundfunkstationen produziert. Nur ein kleiner Teil umfasst die sog. Non-Maigret-Stoffe, um die sich aktuell besonders der NDR kümmert, der seit 2019 sechs neue Simenon-Stoffe zu Gehör brachte. Das neue Hörspiel vom Nov. 22 basiert auf einer 2021 veröffentlichten, neuen Übersetzung. Das französische Original wurde 1969 geschrieben.

 

Inhalt

 

Ein einsam am Waldrand gelegenes Landhaus, eine Autostunde von Paris entfernt. Abendessen. Sturm und Regen enden abrupt. Vater, Mutter, Bruder und Schwester schweigen und essen. Lore, die Tochter sagt zu sich selbst: „Warum muss ich zu dieser Familie gehören?“.

Der Vater ist angeblich Hautpmann, tatsächlich aber nur Buchhalter. Nach dem Essen zieht er sich in sein Arbeitszimmer zurück. Die Mutter ist Alkoholikerin und verschwindet tagelang in ihrem Bett. Lore ist Laborantin und arbeitet in Paris, der Bruder Olivier ist Student. Wirtschaftlich geht es der Familie gut, sie können sich eine Haushälterin leisten: Mariella, eine Italienerin, die Lebensfreude und gute Laune ins Haus bringt. Olivier verliebt sich in sie und sie lässt ihn gewähren. Aber auch der verschlossene Vater beginnt eine Affäre mit Mariella. Lore spürt die nahenden Probleme. Sie hat selbst eine Affäre mit ihrem Chef im Krankenhaus. Die Mutter ahnt von all dem Nichts.

Eines Tages ist Mariella verschwunden. Die Mutter sagt, sie sei zurück in ihre Heimat gezogen. Lore hat Zweifel und fragt Mariellas beste Freundin: Nein, nie im Leben geht Mariella zurück.

Lore will genau wissen, was passiert ist. Hat der Vater seiner Geliebten eine Wohnung in der Stadt gemietet? Hat der Bruder ihr etwas angetan oder die Mutter? Beide waren eifersüchtig. Oder ist sie zu einem ihrer zahlreichen Geliebten gegangen?

Die Wahrheit ist grausam und die Familie schweigt und leidet.

 

Das Hörspiel

 

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Lore, die als Erzählerin ihre Sicht der Geschehnisse darstellt. Ergänzt durch eine Vielzahl von Dialogen hauptsächlich mit ihrem Bruder. Die meisten Szenen spielen sich im Landhaus ab, alles innerhalb von wenigen Tagen in einer unbestimmten Zeit. Der Hörer lernt die schwierigen Familienmitglieder intensiv kennen und traut gegen Ende jedem etwas Unerhörtes zu. Simenon erzählt in seiner bekannten nie wertenden Position von Menschen, die in einer Familie alle ihr eigenes, seltsames Leben leben. Keiner stört sich an der alkoholkranken Mutter, es hilft ihr aber auch keiner. Lore ist Bettbegleiterin ihres Chefs, den sie siezt und der sie benutzt. In so einer Familie kann eine lebenslustige Frau wie Mariella nicht auf Dauer existieren

Das Hörspiel ist ruhig, kammerspielartig erzählt. Den Sprechern gelingt es, diese düster melancholische Stimmung auszudrücken, dass man glaubt, am Essenstisch zu sitzen. Musik und Geräusche sind vorsichtig, aber melodiös eingesetzt.

Das Hörspiel ist kein klassischer Krimi, auch wenn es eine Verschwundene gibt und dies geklärt werden soll. Es sind die familiären Spannungen, die Hörer bei der Stange halten. Und kurz vor Ende wechselt der Ton, es wird schneller erzählt, fast hektisch und drastischer. Wie geht die Familie mit diesem Grauen im November um?

 

Fazit

 

Kein Hörspiel für Maigret-Nostalgiker oder Plot-Fanatiker, aber die gelungene Inszenierung eines Familiendramas mit der typischen, lakonischen Haltung und der nüchternen Sprache von Simenon. Passt gut in die letzten NDR-Bearbeitungen seit 2019.

 

Wertung 80%

 

Dauer 50 Min.

 

 

Verfügbarkeit

 

ARD Audiothek

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ritter mit Bleivergiftung – Besser als der Titel

 


Offenbar hat sich die erste Episode als Erfolg erwiesen. Jedenfalls veröffentlicht Hermann Media im Oktober 22 eine zweite Episode aus der Reihe „Lefevré und Murphy.“. Die beiden haben sich in der ersten Episode, die in Italien spielt, kennen und schätzen gelernt und arbeiten nun als privates Ermittlerteam in den großen Städten dieser Welt. Autor der Reihe ist der routinierte Markus Meisenberg.

 

Inhalt

 

Kurz bevor sie ihren Flug nach Paris erreichen, werden Lefevré und Murphy in London aufgehalten. Archibald Jenkins vom renommierten Gentlemen Club in London bedrängt sie, in den nächsten zwei Tagen einen Mordfall in seinem Club aufzuklären. Der Club möchte öffentliche Aufmerksamkeit durch Ermittlungen von Scotland Yard vermeiden. Ein überaus großzügiges Honorar erleichtert die Entscheidung. Nach der ersten Information im Club scheint ihnen der Fall lösbar: Der Lord wurde in einem Clubraum erschossen, in dem sich zu der Zeit 5 Clubmitglieder aufhielten. Einer von Ihnen muss der Täter sein. Alle werden seit der Zeit im Club festgehalten, streiten aber eine Tat ab. Aber zuerst müssen noch einige Hindernisse überwunden werden: Eine rothaarige irische Ermittlerin im Gentlemen Club. Das geht gar nicht. Ein französischer Ermittler. Unverschämt. Die Beiden treffen auf eine Mauer des Schweigens verbunden mit Arroganz. Also wird im Club das Unterste nach Oben gewendet. Keine Waffe. Es bleibt nur noch der verschlossene Essensaufzug. Aber der Schlüssel wurde entwendet. Und sie finden nicht eine Waffe, sondern 5. Wer aber war der Täter? Mit Druck bringen sie die Lords zum Reden, aber alle sagen das Gleiche: Ich kann nicht sagen, ob ich ihn ermordet habe. Aber genau dieser Satz führt Murphy zur Lösung des Falles.

 

Das Hörspiel

 

Lefevré mit seinem deutlichen französischen Akzent soll wohl ein wenig an Poirot erinnern. Allerdings ist er eher ein Gefühlsmensch. Explizit wird auch ein Hinweis auf den Orient-Express von Agatha Christie zitiert. Ebenfalls ein closed-room Krimi. Ihm wird die ebenbürtige Willow Murphy zur Seite gestellt. Der Autor verzichtet freundlicherweise auf die üblichen Frotzeleien. So sind die beiden ein gleichberechtigtes Team. Das Hörspiel ist irgendwie zeitlos, es gibt zwar einen Hinweis auf Sherlock Holmes und alles wirkt wie aus der Zeit gefallen, aber immerhin wird im Internet recherchiert und es fallen Modewörter wie nope. Die Geschichte wird ruhig und ohne Aufregung erzählt. Es gibt eigentlich nur den Spielort Gentlemen Club. Es sprechen die beiden Ermittler und der Auftraggeber und ein wenig die fünf Lords. Als Sprecher gefällt besonders der Geschäftsführer des Clubs, der die guten Seiten einer vergangenen Welt widerspiegelt. Willow Murphy könnte ihrer Rolle mehr echtes Leben einhauchen. Autor und Regie gelingt es das Bild, das wohl die meisten Hörer von Clubs mit Rittern und Lords haben, hörbar zu bestätigen. Der geübte Krimi-leser,-seher,-hörer wird manche Schwäche wohlwollend überhören, weil er weiß, dass nach 60 Minuten der Fall gelöst werden wird, aber keine Ahnung hat wie. Gratulation zum gelungenen Finale.

Musik und Sound sind in Ordnung, aber eher auf Sparflamme inszeniert. Es fehlte sogar die Zeit über einen vernünftigen Titel nachzudenken.

 

Fazit

 

Ein sparsam aufgenommenes Hörspiel, das vor allem durch seinen Plot überzeugt. Kein Großstadtflair, aber Old England. Wer den Autor kennt, weiß, dass da noch Luft nach oben ist.

 

Wertung 70 %

 

Dauer 60 Min

 

Verfügbarkeit

 

Bei Audible 

 

Und anderen gängigen Streaming-Diensten

 

 Sonstiges

 

Hörprobe auf Youtube

 

Sonntag, 11. Dezember 2022

Paul Temple und der Fall McRoy – Eine echte Neuerscheinung

 


Der Pidax-Verlag bemüht sich dankenswerter Weise um die Schätze der Hörspielklassiker. Im Herbst 2022 ist nach Temple und der Fall Valentine nun das Hörspiel Paul Temple und der Fall Roy erschienen. Das nahezu unleserliche Manuskript wurde sorgfältig von Dr. Georg Panitz analysier und erscheint nun erstmals nach 1947 auf Deutsch. Die Besonderheit: Kein Mehrteiler, sondern eine gute einstündige Episode. Genauere Angaben findet sich im Booklet der CD-Version

 

Inhalt

 

Paul Temple und seine Frau Steve haben erholsame Tage in Italien verbracht, als sie auf der Weiterreise in die Schweiz auf dem Mailänder Bahnhof einen alten Bekannten treffen. Harry McRoy, ein ehemaliger FBI-Agent und wahrer Glückspilz, ist gerade auf einer Weltreise, um seine Casinogewinne zu verprassen. Da auch er auf den Weg nach Basel ist, unternehmen sie die Bahnreise gemeinsam. In einem ruhigen Moment vertraut der redselige McRoy Paul ein Geheimnis an. Er bittet ihn, auf einen kleinen Lederkoffer aufzupassen, falls ihm etwas passiert. Darin befinden sich Fotos, die Temple Sir Graham in Basel schnellstmöglich erhalten soll. Paul tut dem netten, älteren Herrn gerne diesen Gefallen und genießt die Unterhaltung mit den anderen Gästen im Abteil: Dem aufdringlichen Österreicher und der jungen Dame mit der schönen Brosche, die angeblich Steve kennt.

Doch dann überschlagen sich die Ereignisse. Der Zug entgleist gut 80  Meilen vor Basel und McRoy kommt dabei ums Leben. Paul gelingt es, den Koffer im Chaos zu sichern. Nach einer Weile taucht plötzlich Sir Graham mit seinem Fahrer auf. Er hat von dem Glück gehört und wollten McRoy und den Koffer abholen. Stattdessen findet er den Koffer bei Paul. Aber der Fahrer von Sir Graham fehlt plötzlich. Er wird in der Nähe der Gleise tot aufgefunden. Was ist so wichtig an diesen Fotos, dass zwei Menschen ermordet werden? Steve setzt sich ans Steuer. Aber auf der Fahrt nach Basel geraten sie in Lebensgefahr.

 

Das Hörspiel

 

Das Hörspiel dauert nur eine Stunde, dementsprechend fehlen also die typischen Cliffhanger. Aber es ist unüberhör ein klassischer Durbridge, dem Pidax nun durch eine Reihe von Neuerscheinungen einen eigenen Stempel aufdrückt. Sprecher, hollywood-ähnliche Musik und ein eigener Sound sind unverkennbar. Allerdings fehlt der Good Old England Style, weil die Handlung in Italien und der Schweiz spielt. Gott sei Dank kann Charlie wenigstens telefonisch OKAY sagen. Steve ist nicht mehr nur die mitspielende Partnerin, sondern echter Teil der Handlung.

Das Hörspiel fängt ruhig an, gewinnt an Tempo. Es tauchen immer mehr Gestalten auf, die sich in irgendeiner Weise verdächtig verhalten. Aber wer lässt einen Zug entgleisen, tötet zwei Menschen für ein harmloses Urlaubsbild? Spannung und Verwirrung nehmen zu. Mit Durbridge und Pidax Hilfe gelingt ein unerwartetes Ende. Nun kann sich der Hörer wieder entspannt in seinen Sessel zurücklehnen und seinen Whiskey trinken.

Unüberhörbar sind Österreichische und Schweizer Akzente, wie es die Spielorte auch erfordern.

Das Durbridge Rezept funktioniert auch im Fall McRoy bestens: zwielichte, lügende Gestalten, mysteriöse Gegenstände, die immer wieder auftauchen und viele Verdächtige.

Die obligatorische Jagd mit dem Auto über eine enge Brücke darf nicht fehlen.

Über das technische Format sollte der Verlag nachdenken. Bei einer Stunde Hörzeit ist ein einziges File die komfortablere Lösung.

 

Fazit

 

Spätestens nach diesem zweiten Pidax-Hörspiel kann die neue Reihe als echte Alternative zu den älteren Einspielungen angesehen werden. Tolle Musik, Sprecher mit hohem Talent und ein zeitloser Autor machen auf die nächsten Neuerscheinungen neugierig.

 

Wertung 90 %

 

Dauer 70 Min

 

Verfügbarkeit

 

Bei Amazon 

 


Ab sofort für günstige 9,90 Euro plus Versand als CD mit Booklet Pidax und vermutlich demnächst für lau auf Youtube

 

 

Freitag, 9. Dezember 2022

Dark Holmes – Bingen nicht nur für Sherlock Fans


 

 

Das rührige Team von Contendo Media hat mit der 13-teiligen Reihe Dark Holmes den Ehrgeiz, dem Hörer hohe Serienqualität mit den bekannten Figuren Holmes, Watson und Lestrade zu bieten. Der Verlag verspricht ein „einzigartiges Erlebnis in Kino-Qualität“. Die Episoden spielen in der Gegenwart und Holmes wurde in die USA versetzt. Der Reihentitel deutet ja an, dass die dunklen Seiten von Holmes auftauchen. Da wird der geneigte Hörer schon neugierig, welche dunklen Seiten der bewährte Autor Erik Albrodt neben der Kokainsucht noch aufdeckt. Bisher sind die Episoden 1-3 erschienen (Nov. 22), auf die sich die Rezension bezieht. Pro Monat erscheinen je 2 Episoden

 

Inhalt

 

Dallas, USA, 20xx. In einer einsamen Nebengasse wird ein brutaler, blutiger Mord (Blutbad) begangen. Hauptverdächtiger ist Lieutenant Sherlock Holmes, der vollgedröhnt am Tatort war. Seine Polizeipartnerin Lestrade ermittelt sorgfältig, aber gegen ihn, weil alle Indizien auch gegen ihn sprechen. Die Drogen hat er offenbar von einer Prostituierten bekommen, die sich eine Weile intensiv um ihn gekümmert hat. In der Gerichtsverhandlung verhält sich Holmes störrisch, lehnt viele Anwälte ab und lebt schließlich mit einem Anwalt, der ihn für geistesgestört erklärt lässt und daher auf Nicht Schuldig plädiert. Dies wird durch das psychiatrische Gutachten des Dr. Watson unterstützt, in dessen Klinik Holmes nach dem Urteil auch landet.

In der geschlossenen Anstalt ändert sich Holmes nicht. Er weist auf einen Moriarty, der hinter diesem Mord und einem riesigen Komplott steht. Bei einem Besuch in der Klinik macht Lestrade Watson darauf aufmerksam, dass Holmes schon immer von diesem Moriarty gesprochen hat, aber niemals irgendwelche Belege für dessen Existenz vorgelegt hat. Sie überzeugen Holmes, dass sie in seiner Wohnung nach vorgeblichen Beweisen suchen dürfen. Doch auf Holmes wird in der Klinik ein Giftanschlag in Gegenwart von Dr. Watson ausgeübt. Aber Holmes verschwindet aus dem Behandlungsraum. Wie konnte das passieren?

Holmes meldet sich bei Dr. Watson. Er lebt und ist selbst auf der Suche nach der Wahrheit. Er zieht Watson in sein Vertrauen, traut aber Lestrade nicht, weil er davon ausgeht, dass Moriarty einen Maulwurf im Polizeirevier hat. Holmes erinnert Watson daran, dass ihn das bisschen Drogen von der Prostituierten nicht umwerfen. Aber er war vorher in der Bar und hat wie gewohnt seinen Whiskey getrunken. Hat man ihm da was reingetan? Der Barmixer gerät ins Visier der Beiden. Ihre geheimen Ermittlungen führen immer mehr in den Abgrund und in zunehmendes Grauen. Gegen die Absprache mit Holmes ist aber auch Lestrade auf dem Laufenden.

 

Das Hörspiel

 

Hauptpersonen der Reihe sind Holmes, Watson und Lestrade. Also klarer Bezug zu den Klassikern. Holmes wird als subalterner Beamter in den öffentlichen Dienst integriert, in dem sich seine Kollegin (!) Lestrade schon mit Kleinkriminellen herumschlägt. Watson wird immerhin Leiter einer psychiatrischen Klinik. Aber der Feingeist Albrodt behält bei allen Veränderungen doch einige Charakterzüge bei. Dieses Team ist bestens besetzt, wobei mir persönlich Lestrade am besten gefällt. Holmes ist natürlich nicht nur der deduktive Denker, sondern erinnert eher an die modernen Verfilmungen mit Cumberbatch. In Episode 3 gibt es eine Szene, die mit eine r technischen Finesse an James Bond Filme erinnert.

Das Hörspiel kommt ohne den Erzähler Watson aus und wird in zeitlicher Reihenfolge berichtet. Vereinzelte Rückblenden sind nicht immer gleich zu erkennen. Die Episode Blutlache konzentriert sich etwas stark auf die Gerichtsverhandlung. Für jede Episode ist klar ein Thema im Vordergrund: Gericht, psychiatrische Klinik, Bar. Da wird der Hörer auf die nächsten zehn Folgen neugierig. Das Erzähltempo ist hoch, aber nicht hektisch. Dazu trägt auch die opulente Musik bei, die vielseitig das Episodenmotiv, das Moriatymotiv oder etwas Passendes beisteuert. Oder einfach nur Zeit lässt, die Gedanken schweifen zu lassen. Empfindliche Seelen müssen keine Sorgen haben: Es gibt reichlich Grauen, aber alles wird magenfreundlich vermittelt. Die verschiedenen Typen (Barkeeper, Anwalt, Richter, Prostituierte) werden auch textlich deutlich unterschieden. Dem Autor gelingt es, die typische Serienspannung zu vermitteln. Der Hörer nimmt immer mehr Anteil an den Personen, die Handlung schreitet stetig und schlüssig voran, gelegentlich Spannung, aber vor allem Neugier auf die nächsten Episoden. Wenn Contendo dies bis zur letzten Episode gelingt, ginge Handlung deutlich vor Hero.

 

Misc.

 

In Zeiten der Streaming-Dienste muss auch dies noch erwähnt werden. Die Produkte gibt es nicht als CD mit informativem Booklet. Der Hörer spart Geld und muss nicht mehr zusehen, wie er die dünne Klarsichthülle von der CD entfernt. Aber es gibt ausreichende Information beim Verlag und wunderschöne, aussagekräftige Albumcover. Absolut genial ist das Bild für Episode 3: Gerührt und nicht geschüttelt.

Ja und die Dauer. +/- 40 Minuten. Endlich ist die Episode zu Ende bevor man im Büro eintrifft und die Kollegen Einen begrüßen, während man die Kopfhörer noch im Ohr hat.  Und dann 13 Episoden. Jede Woche Eine. Wer traut sich denn sowas?

 

Fazit

 

Dark Holmes ist nicht die x-te Interpretation eines Stoffes aus dem Kanon. Aber spannend und intelligent. Extrem professionell umgesetzt. Allen, die sich Netflix für Hörer wünschen, sei diese Reihe dringend empfohlen.

 

 

Wertung 80%

 

Dauer je Episode ca. 40 Minuten

 

Hörprobe

 

 

 

 

 

 

 

 


Montag, 5. Dezember 2022

Der Kobold von Bath – Episode 16 der Reihe Ein Fall für Scotland Yard mit Inspektor Lestrade

 


 

 

Sherlock Holmes Fans wird der Name bekannt sein. Lestrade ist der gelegentlich etwas trottelig wirkende Yard Kommissar, der Holmes zur Unterstützung holt. Seit 2018 veröffentlicht Fritzi Records in Zusammenarbeit mit AllScore Media diese Reihe. Sie war als Spin-off aus den Neuen Fällen von Sherlock Holmes bei Romantruhe Audio entstanden. Naheliegender Weise spielen die Episoden in den 1920-er Jahren.

Inhalt

 

Inspektor Lestrade erhält einen mysteriösen Anruf. Eine Frau bittet dringend um Hilfe, ein mordlüsterner Kobold mit roter Mütze habe das ungeborene Kind aus ihrem Bauch gestohlen. Trotz dieser wirren Andeutungen will Lestrade dem seltsamen Anruf nachgehen und macht sich mit seinem Assistenten Dash von London aus auf den Weg nach Bath. Dort finden sie lediglich ein verfallenes Anwesen vor. Erst auf den zweiten Blick findet sich ein Eingang. Dort wohnen der hochangesehene Chirurg Dr. Halbrook, seine Frau Amber und Tante Josephine Truscott. Halbrook offenbart ihnen, dass seine Frau vor einem Jahr einen harten Schicksalsschlag erlitten hat und seitdem geistig verwirrt ist und an Kobolde glaubt. Es könne schon sein, dass sie angerufen hat. Er führt ohne Zögern zu seiner Frau. Ihr Anblick erschrickt die Beiden.  Vor ihnen steht eine schwerkranke Frau, die bald danach vor ihren Augen stirbt.

Doch Lestrade kann nicht an einen natürlichen Tod glauben. Die Frau hatte noch von dem Telefonat gewusst und war wohl verängstigt, aber nicht geistig verwirrt. Gegen alle Ratschläge ermitteln er und Dash undercover weiter. Zur Unterstützung holen sie sich noch Dr. Lovell als Fachmann hinzu. Nach wenigen Stunden Ermittlung mitten in der Nacht zeigt sich ihnen ein Bild des Grauens. Ohne Kobolde.

 

 

Das Hörspiel

 

Der Kobold von Bath ist natürlich kein Straßenfeger. Aber ein wunderschön geschriebener und gespielter Krimi alten Stils. Wir hören ausführliche Dialoge, wenig wechselnde Spielorte, eine überschaubare Anzahl von überzeugenden Sprechern. Infarktgefahr entsteht nicht. Aber die Story wird zunehmend gruseliger. Highlights sind die frotzelnden Gespräche mit dem Assistenten oder die ernsten Auseinandersetzungen mit dem Chef. Das klingt dann so, als ob es in der Gegenwart spielt. Es tut dem Hörspiel gut, dass die Regie darauf verzichtet, die Story unüberhörbar ins Good Old England zu legen oder die 1920-Jahre durchklingen zu lassen. Die Geräuschkulisse ist dementsprechend eher sparsam.

Lestrade ist ein durchsetzungsfähiger, geduldiger Ermittler, der nicht deduktiv arbeitet, sondern seinem Bauchgefühl vertraut. Sein Assistent ist eher der Sidekick. Zusammen mit dem grantelnden Chief also ein Team, dass man immer wieder gerne hört.

Das Ende ist unerwartet gruselig. Very british eben. Gut dass man es nur hört und nicht sehen muss. Allerdings entspricht dies ja dem aktuellen Zeitgeschmack.

Begleitet werden die Dialoge durch ruhige melodiöse Musik wie sie heute nur noch selten zu hören ist.

 

 

Fazit

 

Lestrade tritt aus dem Schatten von Holmes als überzeugender Serienheld heraus. Als Typus völlig anders, aber eine echte Alternative zu den immer neuen Holmes/Watson-Fällen. Technisch eher schlicht, sprachlich fein gearbeitet.

 

Wertung  80%

 

Dauer 60 min

 

 

Verfügbarkeit

 

Bei Amazon Music  oder in den gängigen Streaming-Diensten sowie als CD bei Allscore

 


 

 


Bomber – Ein Radio Tatort mit Fehlzündung

© ARD / Jürgen Frey   Nun (Feb. 2024) ist der zweite Fall des NDR mit dem Verdener Extremismus-Team erschienen. Da die ers...