Sonntag, 30. Oktober 2022

Kein Koks für niemand – Ein Tatort alter Schule

© ARD / Jürgen Frey


Im Oktober 22 hat Radio Bremen den Tatort Nr. 171 veröffentlicht. Es ist der vierte Fall des Teams Yelda Üncan und Jonathan Brooks. Der Sender setzt dabei auf die erfolgreiche Zusammenarbeit des Autors Ben-Alexander Safier mit der Regisseurin Janine Lüttmann.

 

Inhalt

 

Kurz vor Feierabend wartet Sascha Wagner bis sein Chef das Güterverteilzentrum Bremen verlässt. Er prüft nur noch den Inhalt eines Containers. Doch der ist leer. Es fehlen 750 Kartons mit Drogen aus den Niederlanden, kein Koks mehr für irgendjemand, aber ein großes Problem. Am nächsten Morgen wird Sascha Wagner ermordet aufgefunden. Das Team um Yelds Üncan und Jonathan Brooks sucht den Täter, das Team um Jonathans Bruder Markus flieht vor den Tätern. Die Drogen gehören dem mächtigen niederländischen Meierdierks Clan. Und der glaubt nicht an Zufälle oder Versehen und setzt eine lateinamerikanische Killerin auf Markus und seine Leute an. Yeldas Team von der Mordkommission kommt mit den Ermittlungen nicht recht voran und Jonathan sucht Kontakt zu seinem Bruder, ohne zu wissen, wie stark dieser in die Aktion verwickelt ist. Als die Lage immer verwickelter und schwieriger wird, stellt sich zudem heraus, dass das Drogendezernat undercover die Drogen beschlagnahmt hat. Aber das werden die Meierdierks kaum glauben. Es beginnt ein Wettlauf um Leben und Tod.

 

Das Hörspiel

 

Der neue Radio-Tatort setzt sich vom Tatort-Durchschnitt ab. Hier geht es hart und ordentlich zur Sache. Mordkommission und Drogendezernat arbeiten mehr gegen als miteinander. Kleine und große Dealer werden von einer gnadenlosen Killerin gejagt. Die Dialoge wechseln zwischen drei Gruppen: Polizei um Yündal, Marcus und seine Drogendealer und die Meierdierks mit der Killerin. Diese Dialoge sind sprachlich ein Hörgenuss. Ernst, ironisch, sachlich, gerne auch Jargon, immer mit feinem Humor. Die Story wird mit vielen spannenden Höhepunkten erzählt und mit passendem Sound und Musik unterlegt. Ausgehend von den jeweiligen Geräuschen nimmt die elektronische Musik die Stimmung auf und begleitet den Text auch im Hintergrund. Eher hardcore, als cosy. Am Sound so attraktiver Spielorte wie Güterverteilzentrum, Handy-Laden oder Kanalisation hört man, dass Safier ein routinierter Hörspielautor ist und Bearbeitung und Regie ein perfektes Finish hinzaubern.1,5 hektische Tage werden in nicht ganz einer Stunde erzählt und dennoch bleibt Zeit für entspannende Szenen wie die Frotzeleien zwischen Jonathan und Yelda. Als Team wirken die beiden immer noch nicht ganz überzeugend. Eigentlich können sie keinen Fall ohne den Drogenbruder lösen. An die albernen englischen Einsprengsel von Jonathan muss sich der Hörer gewöhnen. Der hochtalentierte alterslose Vielsprecher Wawrczeck als Markus klingt wenig überzeugend. Aber diese Rolle ist auch etwas undankbar. Der größten Bremer Drogendealer mag ja einen Bruder in der Kripo haben, aber dass die beiden noch enge Kontakte haben, ist abwegig. Auch die Killerin ist etwas holzschnittartig. Oscar Ketelhut als Durchschnittspolizist findet genau den richtigen Ton für diesen Typen der noch das Wort Rendezvous für ein Date verwendet und letztlich zum Gamechanger wird.

 

 

Fazit

 

Kleine Nörgeleien ändern nichts daran, dass dem Team ein spannender Hörgenuss gelungen ist. Mit Tempo und Spannung erzählt, ein wenig Härte, ein wenig Witz und passender klanglicher Hintergrund. Viel mehr als der Durchschnitt.

 

Dauer 53 min

 

 

Verfügbarkeit

 

In der ARD Audiothek

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Sonntag, 23. Oktober 2022

Kajetan und die Betrüger – Sittenbild ohne Spannungsfaktor

 

Buchcover

Krimis, die in den 20/30-er Jahren spielen, sind in letzter Zeit schwer in Mode. Da hat sich der Bayerische Rundfunk erinnert, dass einer ihrer erfolgreichsten Autoren bereits 1995 einen atmosphärisch dichten, brillant recherchierten Krimifall bearbeitet hat. Robert Hültner hat nicht nur etliche tolle Radio Tatorte geschrieben und sich eine riesige Fangemeinde erarbeitet, sondern auch eine Buchreihe um den Inspektor Kajetan, die in den 20-er Jahren in und um München spielt. Band 2 der Buchreihe wurde 1995 als stark mundartgefärbtes Hörspiel Walching produziert. Im Sept.2022 legt der BR den Band 4 (2004) der 6-teiligen Buchreihe um Kajetan als Hörspiel vor.

 

Inhalt

 

Der erfolgreiche Kommissar Paul Kajetan täuscht seinen Tod vor und versteckt sich in der Einsamkeit der Berge. Er stand in Verdacht seinen Vorgesetzten ermordet zu haben (Episode: Walching). Nun hat sich die Lage beruhigt und er kehrt im Jahr 1927 nach München zurück, wo er eine kleine Detektei eröffnet und sich mit Fällen von Kleinkriminalität über Wasser hält. Eine Frau wird von ihrem Neffen überredet, in Aktien zu investieren, verliert aber ihre gesamte neue Erbschaft. Ein Künstler wird erpresst, weil er eine junge Frau geschwängert hat. Der Künstler soll nun für die Folgen einer Abtreibung aufkommen. Ein hochgestellter Professor führt in privaten Veranstaltungen Versuche durch, bei denen er angeblich Gold erzeugt. Kajetan tigert durch Kneipen, besucht belebte Märkte und schaut nach den ihm bekannten Pappenheimern. Letztlich sucht er auch den neuen Chef der Münchner Kripo auf, um ihn von seiner Unschuld zu überzeugen oder wenigsten neue Aufträge zu bekommen. Der Neue reagiert freundlich und vermittelt Kajetan einen Rechercheauftrag bei einem jüdischen Rechtsanwalt.

Doch dann passiert ein Unglück: Kajetan kommt mitten in der Nacht nach Hause und findet dort seinen schwerletzten Nachfolger im Amt in der Wohnung liegen. Der Verdacht fällt naheliegenderweise auf Kajetan. Es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit. Kajetan muss erneut seine Unschuld klären und den Betrügern auf die Spur kommen. Dabei setzt er sein eigenes Leben aufs Spiel.

 

Das Hörspiel

 

Das Hörspiel ist eher ein Sittenbild der 20-er Jahre in München als ein Krimi. Die Sprache ist deftig und bayrisch. Die Menschen sind eigen, aber letztlich immer nett und zu einem Deal bereit. Kajetan zieht bei seiner Detektivarbeit durch Wirtshäuser und taucht in verschiedene soziale Kreise. Da bleibt eine Schlägerei nicht aus. Die Hauptfigur Kajetan ist zwar sympathisch, aber der Hörer kommt seinem Charakter nie nahe, sodass der Hörer keine Bilder entwickeln kann, was denn als Nächstes passiert. Das sind zwar alles wunderschön zu hörende, mehrminütige Spielszenen, aber es ist doch sehr behäbig und langatmig. Nach Hören der ersten Episode ist immer noch unklar, ob es ein großes Thema gibt. Politik kommt nur am Rande vor. Keine Hinweise auf diese spannungsgeladene Vor-Nazi-Zeit. Aber viel heile Welt.

Die professionellen Sprecher lassen wirklich kein Rollenklischee aus. Da hilft auch die bayrisch-moderne Begleit- und Zwischenmusik nicht, die durchaus zum Grübeln anregt. Der Spannungsfaktor geht gegen Null. In der zweiten Episode zieht das Hörspiel deutlich an. Aber nach 90 Minuten tapferen Zuhörens bleibt auch die Neugier aus, wie es nun weitergeht. Autor und Regie übersehen, dass seit der Episode Walching mehr als 20 Jahre vergangen sind und es inzwischen tolle Hörspiele gibt, die uns die 20-er Jahre nahebringen, weil sie modern inszeniert sind.

 

Fazit

 

Freunde des bayrischen Dialekts, Anhänger opulenter Sittenbilder, Liebhaber hochprofessioneller Sprecher werden ihre Freude haben. Wer Charaktere, Tempo und Spannung liebt, sollte die Kopfhörer liegen lassen.

Da warten wir doch lieber auf eine neues Hörspiel nach Babylon Berlin.

 

 

Dauer 110 min in zwei Episoden

 

 

Verfügbarkeit

 

ARD Audiothek oder BR Hörspielpool

 

Sonntag, 16. Oktober 2022

Der erste Tote – Spannung pur in Mexiko



 

Der erste Tote beruht auf dem im Herbst 2021 veröffentlichten, gleichlautenden Roman des Autors Tim MacGabhann, der in Irland geboren wurde und seit Jahren in Mexiko lebt. Dieser Erstlings-Roman kletterte kurz nach Erscheinen auf die Krimibestenliste des Deutschlandfunks. Der DLF hat auch die Hörspielbearbeitung übernommen und sich dabei an die sprachlich beeindrucke Übersetzung von Conny Lösch gehalten.

 

Inhalt

 

Der investigative Journalist Andrew und sein Fotograf Carlos sind auf dem Heimweg nach Mexiko City. Sie haben eine Reise nach Poza Rica, Veracruz hinter sich, um einen Bericht über die Machenschaften der Ölindustrie zu schreiben.

Auf einer kurzen Rast für eine Zigarettenpause entdecken sie eine grausam verstümmelte Leiche. Carlos macht ein Foto nach dem anderen, Andrew möchte so schnell wie möglich verschwinden. Doch plötzlich taucht die mexikanische Polizei auf. Sie bedrängen und bedrohen die Beiden, lassen sie aber letztlich laufen. Sie sehen noch, wie die Guardia Civil die Leiche beiseiteschafft.

In Mexico City angekommen, entdecken sie schnell, dass der Tote ein junger Umweltaktivist ist.

Carlos möchte an dem Thema dranbleiben, doch Andrew hat Angst. Ein paar Tage später wird Carlos ermordet. Nun begibt sich Andrew auf Spurensuche und gerät immer mehr in ein Dickicht konkurrierender Polizeieinheiten, übermächtiger Konzerne und rücksichtsloser Narcos. Aber er vergisst nie seine Lebensaufgabe: Als Journalist berichten, was wirklich geschieht.

 

Die Szenerie

 

Der Hörer taucht tief in den dunklen Teil der mexikanischen Wirklichkeit ein. Korrupte, gefährliche Polizeieinheiten, skrupellose Manager und kleine kriminelle Helfer an allen Enden, die selbst nicht wissen, wovon sie existieren sollen. Das Hörspiel hat einen gnadenlosen Blick auf die Wirklichkeit wie sie ist. Darum macht Carlos von der verstümmelten Leiche Bilder. Es wird nicht gewertet, sondern abgebildet. Und diese Bilder, die beim Hörer entstehen, tun mehr weh, als es jeder Kommentar kann. Es entsteht eine kaum aufzulösende Spannung.

Der Hörer erkennt sehr schnell, dass es in diesem Krimi nicht darum geht, den oder die Täter zu identifizieren, sondern um die Frage: Wie kann so etwas passieren? Eine Antwort dürfen wir nicht erwarten.

Aber wie im wirklichen Leben leuchten auch Lichtstrahlen ins Schattenreich. Unterstützende Polizisten, ein hilfreicher Verleger und viele mehr.

 

Das Hörspiel

 

Der Krimi wird aus der Perspektive von Andrew erzählt. Diese Monologe sind eher kurz, manchmal in den Rekorder gesprochen. Es gibt viele knappe Dialoge, die Tempo ins Hörspiel bringen. Sprachlich auf hohem, literarischem Niveau, aber auch drastisch und schockierend. Allen Sprechern gelingt es, eine ungeheure Authentizität zu vermitteln. Kein Sprecher drängt sich vor, alles klingt, als sei es auf dem Tonband mitgeschnitten. Es ist die große Kunst dieses Hörspiels Fiktion und Dokumentation zu vermischen als sei es eins. Der Hörer erlebt extrem spannende Schauplätze unterlegt mit eindrücklichem Sound und Musik. Gelegentlich direkt in die Dialoge hinein.

 

Wermutstropfen

 

Das Hörspiel ist nichts für zarte Seelen. Hier wird wörtlich beschrieben, was man sich kaum vorstellen kann. Aber auch sonst ist das Hörspiel keine leichte Kost. Viele Personen mit vielen Namen, die es nicht leicht machen zu verstehen, wen man gerade hört. Ähnlich schwierig ist die Zuordnung von Orten und Institutionen, insbesondere bei der Polizei. Da hätte die Redaktion bedenken können, dass dies beim Lesen kein Problem ist, wohl aber beim Zuhören.

Beim dramatischen Shut-Down hat der Autor es übertrieben. Tatsächlich ist Veränderung der Wirklichkeit ein zäher Prozess.

 

 

Fazit

 

Tolles Ambiente, spannendes Hörspiel schnörkellos und kurzweilig inszeniert. Der Hörgenuss erfordert hohe Konzentration und sprachliche Leidensfähigkeit. Aber der Hörer wird belohnt.

 

Dauer 54 min

 

Verfügbarkeit

 

ARD Audiothek

 

 

Sonstiges

 

Leseprobe des Buches


 

 

 

 

 

 

 

 


Montag, 10. Oktober 2022

Die Kadenz des Mörders – Ein toter Körper im großen Klangkörper

 

Wikimedia, Alte Nationalgalerie

Es ist das zweite Hörspiel der Schweizer Autorin Nicole Bachmann. Bereits 2019 hat der SRF „Die Bewächter“ mit der ermittelnde Epidemiologin Lou Beck produziert. Lou ist auch Hauptfigur einer erfolgreichen Krimireihe. Typisch für diese eher leichte Lektüre ist, dass Bachmann immer tief in ein jeweiliges Biotop eintaucht und dem Hörer oder Leser neben der Spannung auch neue Eindrücke einer anderen Lebenswelt vermittelt.

 

Die Produktion

 

Die SRF-Krimiredaktion hat es sich ja noch nie einfach gemacht. In der Kadenz entstanden Klangbilder, die man noch nie gehört hat oder selten sind. Der Dirigent bei der Probe mit seinem Orchester. Ja, der SRF lässt das ganze Neue Orchester Basel auffahren! Wie selbstverständlich spielt der Dirigent persönlich im Krimi mit. Oder die Busfahrt zum Konzerthaus mit den aufgeregten Stimmen aus verschiedenen Ländern. Und natürlich muss die reale Kadenz aus dem Hörspielitel dann noch auf einem historischen Instrument extra eingespielt werden. Chapeau und Danke.

Richtig ist auch, dass die Redaktion mit umfangreicher Information, kurzweiligen Interviews und Bildern auf ihr Kunstwerk aufmerksam macht.

 

Der Inhalt

 

Mirjam Gugger ist 1. Geigerin in einem Orchester. Wie viele Musiker/innen muss sie ihre Existenz sichern, indem sie in mehreren Ensembles mitwirkt. An verschiedenen Orten. Dann gibt es noch Mann und Kind. Also genug Stress. Und nun taucht das Gerücht auf, die Finanzierung des Orchesters soll durch den Gemeinderat beendet werden. Mirjam fragt den gewöhnlich gut informierten Konzertmeister, ob er Genaueres weiss. Doch der unbeliebte „Kröterich“ bügelt sie ab: Falsche Einsätze, kein Ehrgeiz, wenig Talent. Er sei froh, wenn sie nicht mehr dabei ist.

Am nächsten Morgen berichtet Mirjam mit Tränen in den Augen ihrem Mann Robi von diesem Gespräch. Wutentbrannt will er den Kröterich zur Rede stellen. Aber er findet nur seine brutal ermordete Leiche! Und die wertvolle Geige Lady Agatha ist auch noch verschwunden. Mit ihrem Verkauf könnte das Orchester vielleicht gerettet werden. Für die Polizei ist Robi der erste Tatverdächtige. Mirjam Gugger ist gezwungen, die Unschuld ihres Mannes nachzuweisen. Aber sie will noch mehr: Die Existenz des Orchesters retten. Gelingt ihr dies schier Unmögliche?

 

Das Biotop

 

Das Hörspiel taucht tief in die Welt eines Orchesters. Die Busfahrt mit aufgeregt redenden Musiker aus der ganzen Welt ist eine wunderschöne Szene. Jeder ist Individualist, aber nur gemeinsam erschaffen sie große Kunst. Es gibt Bösartigkeiten, Neider und Streitigkeiten.

Der Dirigent hält sie alle zusammen und führt sie zu Höherem. Und das ist auch hörbar. Ein Genuss vor allem für Liebhaber klassischer Musik. Ist die Kadenz, die Mirjam auf Youtube gehört hat, tatsächlich erst nach dem Tod des Konzertmeisters auf der Lady Agatha eingespielt worden? Kann eine Musikerin so etwas hören? Die Mutter, Ehefrau und Musikerin steht im Mittelpunkt des Hörspiels. Und mit ihr die Existenzangst als Orchestermusikerin, der Konkurrenzdruck und ihr eigener Ehrgeiz. Die Welt der Orchester.

 

Das Hörspiel

 

Man darf ruhig verraten, dass trotz verschiedener Verdächtiger das Ende völlig überraschend sein wird.

Das Hörspiel wird umrahmt von einem netten Dialog älterer Konzertbesucher, die nur Kunst genießen wollen und nichts davon wissen können, was in den Kulissen passiert ist.

Es folgen viele abwechslungsreiche Szenen, die lebensnah gesprochen werden. Wie in einem Kaleidoskop wird der Inhalt immer wieder neu gemischt und ergibt neue Bilder. Es ist mehr Neugier auf diese Bilder, weniger die Spannung, die den Krimi vorantreibt. Einige Figuren werden dann genauer beleuchtet und reihen sich in die Schar der Verdächtigen: Der Praktikant Serge oder ihre Freundin Francesca und und.

 

 

Fazit

 

Das Hörspiel ist eher leichte Kost, mit Spaß, Spannung und einem Augenzwinkern zu hören. Die hervorragende Hörspielbearbeitung bügelt manche Vorlagenschwäche aus. Nach dem Ende bekommt der Hörer Lust, eine Klassik-CD aufzulegen und zu hören, dass neben dem Können auch die Emotion eine solche Kunst ermöglicht.

 

 

Dauer 54 min

 

 

Verfügbarkeit

 

SRF Krimipodcast

 

Sonstiges

 

 

Die Autorin

 

Weitergehende Informationen des SRF einschleißlich Interview mit der Autorin

 

Montag, 3. Oktober 2022

Im Tunnel – Kammerspiel statt Krimi

 

© ARD / Jürgen Frey

 

Der NDR veröffentlicht im Sept. 22 die letzte Episode des Radiotatorts mit dem Hamburger LKA-Team Breuer, Garthmann und zuletzt Döring. Mit 24 Episoden seit 2008 ist der NDR Langlaufspitzenreiter und hat die Hörer bestens erfreut. Dies ist das Verdienst der Autoren, mit Namen wie Frank Göhre, Matthias Wittekindt, Elisabeth Herrmann und zuletzt Sabine Stein. Die Regisseure waren Norbert Schaefer, Sven Stricker und zuletzt Andrea Getto. Mit den eindrucksvollen Stimmen von Sandra Borgmann, Martin Reinke und Matthias Bundschuh ist das Rezept für gute Krimis schon geschrieben

 

Inhalt

 

Der etwas schwierige Einzelgänger Kommissar Döring sitzt in U-Haft. Er soll den Ganoven Koppka erschossen haben. Koppka ist Dörings schlechtes Gewissen. Durch eine Falschaussage des Wachmannes Koppka wurde ein junger Mann verurteilt und hat sich in der Zelle erhängt (Episode: Nur Du). Dies nagt an Döring.

Was war geschehen? Der Bandenkriminelle Camil Barbu hat an einer Schule Geisel genommen und fordert, dass der Mörder von zwei seiner Leute ausgeliefert wird. Die Soko nimmt die Arbeit auf und sucht Koppka. Döring auch, aber auf seine Weise. Und er findet ihn und erschiesst ihn. Aus Notwehr. Aber der tote Koppka hat keine Waffe in der Hand und es gibt keine Zeuge. Die Entführung war vorher schon unblutig zu Ende gegangen. Döring hat nichts davon mitbekommen.

In der Zelle ist seine Anwältin bemüht, Klarheit in den Tatverlauf zu bekommen. Auch der ehemalige Kollege Jac Garthmann lässt sich blicken und redet mit Döring. War es Notwehr oder Mord?

 

Das Hörspiel

 

Im Tunnel ist nicht wirklich ein Krimi. Die Inhaltsbeschreibung hört sich spannender an als es ist. Wer die Episode „Nur Du“ nicht kennt, muss aufpassen, den Faden aufzunehmen. Im Hörspiel redet Döring mit seiner Anwältin, mit Garthmann und gelegentlich mit einem Wärter. Gelegentlich hört man fiktive Briefe von Döring an seine Chefin. Mehr passiert auf der Ebene der Handlung nicht. Aber im Kopf explodiert es unentwegt. Döring kämpft mit Selbstzweifeln, seiner Berufsehre, letztlich seinem Leben. Die Autorin nutzt dieses Kammerspiel für ein intensives Reflektieren und Philosophieren über die Arbeit der Polizei. Da geht es um Notwehr, Selbstjustiz oder Ambivalenzen. Die locker gesprochene Szene mit dem Wärter lassen den Hörer durchhalten. Das ist kein Straßenfeger, aber vielleicht ein schöner Abschluss dieser Episodenfolge.

Matthias Bundschuh ist ein Charaktersprecher der Extraklasse. Immer noch unverbraucht bringt er den mit sich ringenden Döring zu Gehör. Martin Reinke bringt einen unverwechselbaren ruhigen, norddeutschen Klang ein, der ein wenig die Schwere nimmt. Sabine Orleans Anwältin klingt eher nach einer Staatsanwältin. Keine Spur von Empathie für den gebeutelten Döring.

Die musikalische Begleitung von Sabine Worthmann, die Stammkomponistin für diese Tatort-Reihe, ist vorsichtig modern inszeniert. Erinnert ein wenig an die Commissaris-Krimis. Sie klingt oft wie schlecht geschnitten oder unfertig beendet. Ein Symbol? Da tröstet die gelegentliche Kammerpopmusik von Tindersticks (Willow von 2019 lt. Shazam).

 

Fazit

 

Team und Regie haben das Beste aus einer verschwurbelten Vorlage gemacht. Das mag als Hommage an die Sprecher und die Autorin noch durchgehen. Aber hörenswert ist es nur für eine Minderheit. Wer über die Recht und Unrecht nachdenken will, ist bei Schirach deutlich besser aufgehoben.


 Dauer 54 min


Verfügbarkeit

 

ARD Audiothek

 

Sonstiges

 

Ausführliche Information des NDR zu den Episoden und dem Team

 

Willow von Tindersticks featuring Robert Pattinso

 

Homepage der Autorin

 

Homepage der Komponistin

 

Episodenliste des LKA Teams in Wiki

Mord in fünf Tagen - Ein Hörspielwerkstatt - Podcast

    Der Bayerische Rundfunk erfreut seine Hörer nicht nur mit Holmes-Klassikern aus den 1960-er Jahren, sondern wagt auch...