Sonntag, 16. Oktober 2022

Der erste Tote – Spannung pur in Mexiko



 

Der erste Tote beruht auf dem im Herbst 2021 veröffentlichten, gleichlautenden Roman des Autors Tim MacGabhann, der in Irland geboren wurde und seit Jahren in Mexiko lebt. Dieser Erstlings-Roman kletterte kurz nach Erscheinen auf die Krimibestenliste des Deutschlandfunks. Der DLF hat auch die Hörspielbearbeitung übernommen und sich dabei an die sprachlich beeindrucke Übersetzung von Conny Lösch gehalten.

 

Inhalt

 

Der investigative Journalist Andrew und sein Fotograf Carlos sind auf dem Heimweg nach Mexiko City. Sie haben eine Reise nach Poza Rica, Veracruz hinter sich, um einen Bericht über die Machenschaften der Ölindustrie zu schreiben.

Auf einer kurzen Rast für eine Zigarettenpause entdecken sie eine grausam verstümmelte Leiche. Carlos macht ein Foto nach dem anderen, Andrew möchte so schnell wie möglich verschwinden. Doch plötzlich taucht die mexikanische Polizei auf. Sie bedrängen und bedrohen die Beiden, lassen sie aber letztlich laufen. Sie sehen noch, wie die Guardia Civil die Leiche beiseiteschafft.

In Mexico City angekommen, entdecken sie schnell, dass der Tote ein junger Umweltaktivist ist.

Carlos möchte an dem Thema dranbleiben, doch Andrew hat Angst. Ein paar Tage später wird Carlos ermordet. Nun begibt sich Andrew auf Spurensuche und gerät immer mehr in ein Dickicht konkurrierender Polizeieinheiten, übermächtiger Konzerne und rücksichtsloser Narcos. Aber er vergisst nie seine Lebensaufgabe: Als Journalist berichten, was wirklich geschieht.

 

Die Szenerie

 

Der Hörer taucht tief in den dunklen Teil der mexikanischen Wirklichkeit ein. Korrupte, gefährliche Polizeieinheiten, skrupellose Manager und kleine kriminelle Helfer an allen Enden, die selbst nicht wissen, wovon sie existieren sollen. Das Hörspiel hat einen gnadenlosen Blick auf die Wirklichkeit wie sie ist. Darum macht Carlos von der verstümmelten Leiche Bilder. Es wird nicht gewertet, sondern abgebildet. Und diese Bilder, die beim Hörer entstehen, tun mehr weh, als es jeder Kommentar kann. Es entsteht eine kaum aufzulösende Spannung.

Der Hörer erkennt sehr schnell, dass es in diesem Krimi nicht darum geht, den oder die Täter zu identifizieren, sondern um die Frage: Wie kann so etwas passieren? Eine Antwort dürfen wir nicht erwarten.

Aber wie im wirklichen Leben leuchten auch Lichtstrahlen ins Schattenreich. Unterstützende Polizisten, ein hilfreicher Verleger und viele mehr.

 

Das Hörspiel

 

Der Krimi wird aus der Perspektive von Andrew erzählt. Diese Monologe sind eher kurz, manchmal in den Rekorder gesprochen. Es gibt viele knappe Dialoge, die Tempo ins Hörspiel bringen. Sprachlich auf hohem, literarischem Niveau, aber auch drastisch und schockierend. Allen Sprechern gelingt es, eine ungeheure Authentizität zu vermitteln. Kein Sprecher drängt sich vor, alles klingt, als sei es auf dem Tonband mitgeschnitten. Es ist die große Kunst dieses Hörspiels Fiktion und Dokumentation zu vermischen als sei es eins. Der Hörer erlebt extrem spannende Schauplätze unterlegt mit eindrücklichem Sound und Musik. Gelegentlich direkt in die Dialoge hinein.

 

Wermutstropfen

 

Das Hörspiel ist nichts für zarte Seelen. Hier wird wörtlich beschrieben, was man sich kaum vorstellen kann. Aber auch sonst ist das Hörspiel keine leichte Kost. Viele Personen mit vielen Namen, die es nicht leicht machen zu verstehen, wen man gerade hört. Ähnlich schwierig ist die Zuordnung von Orten und Institutionen, insbesondere bei der Polizei. Da hätte die Redaktion bedenken können, dass dies beim Lesen kein Problem ist, wohl aber beim Zuhören.

Beim dramatischen Shut-Down hat der Autor es übertrieben. Tatsächlich ist Veränderung der Wirklichkeit ein zäher Prozess.

 

 

Fazit

 

Tolles Ambiente, spannendes Hörspiel schnörkellos und kurzweilig inszeniert. Der Hörgenuss erfordert hohe Konzentration und sprachliche Leidensfähigkeit. Aber der Hörer wird belohnt.

 

Dauer 54 min

 

Verfügbarkeit

 

ARD Audiothek

 

 

Sonstiges

 

Leseprobe des Buches


 

 

 

 

 

 

 

 


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