Mittwoch, 11. Mai 2022

Paul Temple und der Fall Valentine – Eine Klassiker-Entdeckung

Copyright: Bildschirmfoto des Autors

 

 

Die Krimis von Francis Durbridge waren in den 50-/60-Jahren in Hörfunk und Fernsehen Straßenfeger. Fast 90 % der Fernsehzuschauer folgten den Episoden. Pidax ist es nun gelungen, einen bisher unbekannten Text von Francis Durbridge mit Paul Temple zu entdecken und für ein Hörspiel aufzubereiten. Dankenswerterweise sind die Durbridge-Erben großzügig in der Vergabe von Rechten.

 

Inhalt

 

In den späten 1940-Jahren wird Paul Temple von Sir Graham, Scotland Yard, gebeten, ihn bei der Aufklärung einer Selbstmordserie von jungen Frauen zu helfen. Yard kommt mit seinen Mitteln nicht weiter. Mit einem kleinen Trick wird der zögerliche Temple überzeugt. Schnell entsteht der Verdacht, dass Drogenmissbrauch hinter diesen Taten steht. Immer wieder fällt der Name Valentine als Drahtzieher des Londoner Drogenhandels. Aber wer steckt hinter diesem Namen? Die Besitzerin eines Kosmetik-Salons, die von ihrem Stiefvater verdächtigt wird? Oder der Stiefvater selbst, der nur von sich ablenken will? Paul und Steve Temple begeben sich auf Spurensuche. In einem vornehmen chinesischen Lokal, auf einer zwielichten Schiffsspelunke oder in einem geräumten einsamen Haus. Es kommt zu Autorennen, Unfällen, Häuserbränden und einem Show-Down im vornehmsten Hotel Londons.

Erst in den letzten Minuten der letzten Episode gelingt es Temple, Valentine zu identifizieren.

 

Francis Durbridge

 

Bereits in den 1920-Jahren hat Durbridge begonnen Hörspiele für die BBC zu verfassen. Sie waren so erfolgreich, dass sie bald auch ins Fernsehen gelangten. Sehr schnell wurden die Hörspiele auch ins Deutsche übertragen und mit so legendären Sprechern wie Rene Deltgen vertont. Die einzelnen Episoden dauerten selten länger als 30 Minuten und schlossen immer mit einem extremen Cliffhanger ab, sodass niemand die nächste Folge versäumen wollte. Typisch für Durbridge waren seine ausgefeilten Dialoge und die abertausend Ideen und Wendungen, die immer wieder für neue Verdächtige und Spannung sorgten

Einen ähnlichen Rang hat das deutsche Autorehepaar Becker mit der Figur „Paul Cox“ erreicht.

 

Paul Temple

 

Temple ist ein Gentleman und Kriminalschriftsteller, der immer wieder von Scotland gebeten wird, schwierige Fälle unbürokratisch und einfallsreich zu lösen. Ihm steht seine Frau Steve zur Seite, die sich immer wieder aktiv in die Ermittlungen einmischt. Es gibt viele Tote und Entführte und vor allem viele Verdächtige und Vermutungen. Dies findet in der gediegenen britischen Atmosphäre der 50-Jahre mit viel Whiskey und Zigaretten stand. Begleitet von opulenter Musik und vielen Spannungsmomenten. Keine Psychologie, sondern einfach spannende Unterhaltung. Bisher gibt es 12 Hörspiele mit Temple, die in den 50-er und 60-er Jahren produziert wurden. 

 

Das Hörspiel

 

Valentine ist kein einfaches Remake, der alten Temple-Klassiker. Pidax ist es gelungen, eine Hommage an die Klassiker im zeitgemäßen Gewand eines neuen Jahrhunderts mit hollywoodreifer Musik zu präsentieren.

8 halbstündige Episoden sind ein tolles Podcastformat und sollte der Hörer mit zeitlichem Abstand genießen. Jede Episode ist spannend und unterhaltsam.

Der Fall ist voll von unerwarteten Wendungen, neuen Ideen und natürlich extrem spannenden Cliffhangern. Was die Logik angeht, darf man aber nicht kleinlich sein. Die Figuren haben ihre Marotten und den Charme behalten, wurden aber sanft der Gegenwart angepasst. Steve, Pauls Frau, ist kein zickiger kreischender Sidekick, sondern eine moderne, mitdenkende Frau, die gerne und gut Sportwagen fährt. Selbstverständlich wird viel geraucht und getrunken. Die abwechslungsreichen Spielorte machen Lust auf eine großes Hörerlebnis. Auch Tote gibt es jede Menge, aber sie tauchen eher in Nebensätzen auf. Kein Gruselfaktor.

Die Sprecher füllen ihre Rollen bestens aus und verdienen Respekt. Die Idee einen Verdächtigen österreichischen Slang sprechen zu lassen, finde ich gewagt aber gelungen. Das alles ist eingebunden in eine beeindruckende Klangkulisse mit sorgfältigen Auswahl an Geräuschen und bombastischer Filmmusik!

Jede Episode beginnt mit dem musikalischen Leitmotiv und einer Rückblende. Niemand verliert also den Faden.

Aktuell gibt es den Fall Valentine auch als Live-Hörspiel unter dem Titel: Ein Fall für Paul Temple.

 

Fazit

 

Ein spannender Cosy-Crime nicht nur für Nostalgiker. Handlung geht vor Haltung, Tempo vor Psycho. Alles hochprofessionell erarbeitet. Schön, dass noch mehr Paul-Temple-Hörspiele angekündigt sind.

 

Wertung 90 %

 

Dauer 8 Episoden mit einer Gesamtlaufzeit von gut 240 Minuten

 

Verfügbarkeit 

Ab sofort für günstige 9,90 Euro bei Pidax: https://www.pidax-film.de/Hoerspiel-Klassiker/Francis-Durbridge-Paul-Temple-und-der-Fall-Valentine::2239.html

 

 

Links

 

Infos zu Durbridge und Paul Temple durch den Übersetzer Pagitz

http://krimiserien.heimat.eu/durbridge/index.htm

http://krimiserien.heimat.eu/durbridge/paultemple.htm

 

 

Forum von Pagitz

http://1686.homepagemodules.de/f2290185-Francis-Durbridge.html

 

Pidax auf Facebook: https://www.facebook.com/watch/paultemple2021/

 

Hörbeispiele von Valentine:

 

Katja Kessler als Steve Temple https://youtu.be/6S1iKhtIKo4

Matthias Kiel als Paul Temple https://youtu.be/BWd-6q-zDfQ

Klaus Krückemeyer als Charlie https://youtu.be/JaJrGHRyeNE

Walter v. Hauff als Sir Graham Forbes https://youtu.be/Zajig5Vv9sM

 

Zur Produktion vom Fall Valentine https://youtu.be/R36bePdUgL0

 

 

 


Terrorvögel – Neues Radio Tatort Team beim SWR

 

Schweinsfels

 

Nach langen 13 Jahren und 22 Folgen stellt der SWR die Episoden um Nina Brändle, gesprochen von Karoline Eichhorn und Xaver Finkbeiner (Ueli Jäggi) ein. Trotz ein paar neuer Ideen war wohl ein Neuanfang unvermeidlich.

Der landsmannschaftlich etwas schwierig aufgestellte SWR siedelt die neuen Episoden in der eher etwas betulichen Pfalz an. Im Mittelpunkt stehen nun zwei Kommissarinnen. Aus Ludwigshafen stammt die Kommisssarin Ekkelsberg, gesprochen von Jasmina Wagner, Fernsehzuschauern als Kommissarin Heller bekannt. Ihre junge Partnerin aus Landau ist Janina Fautz, bekannt als Rollstuhlfahrerin in der Fernsehserie Wilsberg.

Autorin ist die renommierte Krimischreiberin Monika Geier. In der Reihe Feminist Gangsta stellte sie auch beim SWR /HR 2020 ihr bisher einziges Hörspiel vor: Kornkreise

 

 

Inhalt

 

Die beiden Geschwister Nelly und Jonas machen einen Trip auf den Schweinsfelsen mitten in der Pfalz. Sie sind beide Biologen und möchten Turmfalken beim Brüten beobachten. Doch sie stürzen von dem hohen Felsen. Nelly ist sofort tot, Jonas stirbt wenige Tage später. Aber nicht an den Folgen des Sturzes sondern an einer rätselhaften Viruserkrankung: Dem Schönhörnchen -Bornavirus, das nicht von Mensch zu Mensch übertragen wird. Vor Ort übernimmt die junge Polizisten Amina King als Ortskundige die Ermittlungen. Parallele Ermittlungen eines Zollbeamten zu einigen Todesfällen bei Zoohändlern durch ebendieses Virus veranlassen die Ludwigshafener Kripochefin Ekkelsen eine Soko einzurichten: Soko Ornithoterrorists. Dieser Name findet sich auf Briefen in Nellys Nachlass, aber auch im Briekasten einer örtlichen Tierauffangstation.

Amina und Ekkelsen stochern lange im Nebel: Wieso teilt der sterbenskranke Jonas noch mit, seine Schwester habe ihn getötet? Hat die Tierauffangstation etwas damit zu tun? Oder ist der Zoll einer internationalen Bande auf der Spur?

Erst als sich Amina King Undercover in das zwielichte Umfeld von Nelly begibt, kommt sie der Lösung auf die Spur, gerät dabei aber als Undercover-Agentin und Lockvogel in eine lebensgefährliche Situation.

 

Das Vertraute

 

Der SWR legt wieder ein echtes Regionalhörspiel mit hohem Realitätsbezug vor. Den Schweinsfelsen, von dem die Geschwister stürzen, gibt es wirklich. Auch das Schönhörnchen-Bornavirus. Ein Teil der Sprecher spricht gut verständlichen Pfälzer Dialekt, aber immer angemessen. Amina King zum Beispiel eher im persönlichen, privaten Bereich. Da trifft es sich gut, dass die beiden Hauptsprecherinnen aus der Pfalz stammen. Auch findet sich mit dem Unterschied zwischen Ludwigshafen und Landau der Gegensatz eines Flächenstaates sehr schön wieder. Geblieben ist auch der kleine hierarchische Unterschied im Zweier-Ermittler-Team.

 

 

 

Das Neue

 

Das neue Team sind zwei Frauen. Die etwas raue, gelegentlich zynische hochdeutschsprechende Kommissarin aus Ludwigshafen und die junge Pfälzerin Amina King. Beide werden sehr überzeugend gesprochen. Ekkelsberger hat das Heft in der Hand und entscheidet schnell und klar. King ist jung und unsicher aber bereit, große Risiken einzugehen. Da steckt noch viel Entwicklungspotential drin.

Neu ist auch das explizit Politische. Mit Virus und Terror geht es hier um die ganz großen Themen der Gegenwart.

 

Die Dramaturgie

 

Es gibt zwei Erzählstränge im Hörspiel. Die Geschichte wird sauber chronologisch und gut hörbar erzählt. Der zweite Strand ist ein inneren Dialog von Amina King mit ihrem fiktiven Chef, dem ehemaligen Landauer Kommissar, der immer wieder auftaucht. Dabei werden ihre Ängste und Zweifel deutlich.

Mir gefallen  einige Personengruppen besonders gut. Die Polizeiarbeit sind nicht nur die beiden Kommissarinnen sondern auch ein älterer Zollbeamter und die einfachen Streifenpolizisten, die alle grundsolide eine gute Teamarbeit erledigen. Oder die verdächtige Auffangstation für Tiere mit ihrem Mulitkultihintergrund bei den Mitarbeitern und wunderschönen Tiergeräuschen.  Nellys Öko-WG ist kämpferisch, aber innerlich zerrissen. Der Stoff ist sorgfältig durchkomponiert und es lohnt genaues Hinhören.

 

Das Thema

 

Der Titel „Terrorvögel“ zeigt das Dilemma des Hörspiels: Was ist das eigentliche Thema dieses zweifellos spannenden Krimis? Es kommen weder Vögel noch Terroraktionen vor. Soll es ein Weckruf vor dem Missbrauch von Viren sein? Oder Warnung vor kriminellen Naturaktivisten? Da wirkt manche Szene doch etwas konstruiert, um Spannung zu erzeugen. Da begibt sich die Autorin auf heikles Terrain. Andererseits gibt es den Spruch: Alles was man sich ausdenken kann, kommt in Wirklichkeit vor.

 

Fazit

 

Ein gelungener Einstieg des neuen Teams, der neuen Autorin, auch wenn es noch Luft nach oben gibt.

 

Wertung 80 %

 

Dauer 55 min

 

Verfügbarkeit

 

In der ARD Mediathek ab dem 25.02.2022

Schattenstrand 1 – Ein Küstenkrimi im rauen Wind



 

 

Schattenstrand 1 ist der erste von zwei Teilen aus der Reihe „Küstenkrimis“ der Contendo Media Produktion, die bisher 8 Episoden aufnahm. Ähnlich wie die verwandte Reihe Inselkrimi spielen alle Episoden an der Küste mit ihrem ganz besonderen, ruhigen, sympathischen Charme. Das Hörspiel basiert auf der 2018 veröffentlichen Erzählung des Autors Marc Freund.

 

Inhalt

 

Der Krimi-Autor Hendrik Torn erholt sich für einige Tage in einer einsamen Ferienwohnung direkt am Strand im Norden Deutschlands. Nach einem schweren Auto-Unfall und einer zerbrochenen Ehe braucht Torn Tage der Besinnung. Er fühlt sich leer und hilflos, muss zudem noch an Krücken gehen.  Doch schon nach kurzer Zeit fallen ihm seltsame Dinge auf und wecken seine Lebensgeister. Der Nachbar im Bungalow nebenan, gefesselt an einen Rollstuhl, benimmt sich seltsam und wird von Pflegern begleitet, die eher an Personenschützer erinnern. Wer ist die Frau im Seidenkleid, die ihm abends am Strand erschienen ist?

Seine Neugier treibt ihn zu vorsichtigen Ermittlungen, die in ihm tolle Erinnerungen wecken, ja fast Frühlingsgefühle, aber auch in Gefahr begeben. Eher unerwartet endet das Hörspiel mit einem exquisiten Cliffhanger.

 

Stimmungen

 

Torn ist ein ruhiger, etwas aus der Zeit gefallener Autor, der gut in die anheimelnde Atmosphäre von Sonne, Wind und Wellen passt. Verständlich, dass seine Stimmung gerade auf dem Tiefpunkt ist. Da hilft auch die stets gut gelaunte, aber immer kurz angebundene Tochter nicht viel. Er als er die Frau im Seidenkleid als eine Sängerin identifziert, die er in jungen Jahren verehrt hat, steigt seine Stimmung.

Sein Nachbar und seine Wachhunde haben laute, bedrohliche Stimmen. Im Gegensatz zu der sanften Stimme der Frau im Seidenkleid, in der Torn eine bewunderte Sängerin seiner Jugendzeit zu erkennen glaubt. Sie war auf dem Höhepunkt ihrer Karriere plötzlich verschwunden.

Diese Stimmen und Stimmungen trägt die Musik ganz vorzüglich mit. Man fühlt förmlich mit wie Torn am Kamin sitzt, auf das Meer blickt und Gedanken entwickelt, die auch ins Mystische zu gehen scheinen.

 

Dramatik

 

Torn berichtet als Ich-Erzähler seine Geschichte und seine Wahrnehmungen. Dies geschieht chronologisch sauber in angenehmen Abschnitten. Das Hörspiel versetzt uns in eine nüchterne Realität, in der die Übergabe der Ferienwohnung geregelt wird, die Apothekerin Torn mit Medikamenten versorgt und die Tochter überlegt, wie sie nach Hause kommt. Erst ganz allmählich kommt Spannung und gelegentliche Mystik auf.

Die Stärke der Inszenierung liegt auch in den unterschiedlichen Typen, die überzeugend gesprochen werden.

Torn und seine Tochter, beide eher nüchtern und realistisch. Der zwielichte Nachbar Fasolt, der vertraulich auftritt, aber bedrohlich wird mit seinen gefährlichen Begleitern. Die Frau im Seidenkleid, die seltsam und schweigsam ist, aber den Hörer und Torn in ihren Bann zieht. Geht von ihr Gefahr aus oder wird sie bedroht ?

Ja und dann gibt es auch die Helferlein, wie Apothekerin, die dem Hörspiel wieder Bodenhaftung vermittelt.

Der Autor legt einige Spuren, die zwischen Spannung und Mystik wechseln. Man hört, dass der Autor auch literarisch tätig ist. Der Text ist immer anspruchsvoll formuliert und man behält den einen oder anderen Satz eine Weile im Kopf.

 

Fazit

 

Kein Page-Turner, aber ein netter Krimi für den Alltag. Angenehme Atmosphäre, ein wenig Spannung, ein wenig Mystik. Alles sehr professionell. Der Hörer freut sich auf den zweiten Teil.

spannende Geschichte. Die Kommissarin und ihr Polizeiteam eignen sich auc

 

Wertung 75 %

 

Dauer 77 min

 

Verfügbarkeit

 

Auf Amazon Music ab dem 25.02.2022

 

https://www.amazon.de/s?k=schattenstrand+h%C3%B6rspiel&i=stripbooks&__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&crid=1K6YFWD6PHER3&sprefix=schattenstrand+h%C3%B6rspiel%2Cstripbooks%2C80&ref=nb_sb_noss_1

 

oder bei Contendo Media zum Kaufen, Streamen oder Downloaden

 

Zarengold – Episode 12 um Margaret Rutherford



Im Umfeld der berühmten Agatha Christie und ihrer Miss Marple hat auch der Verlag Hermann Media seit 2019 Hörspiele mit der Figur Margaret Rutherford, die erstmals die Miss Marple spielte, im Angebot. Diese Episode ist im Februar 2022 erschienen.

 

Der Inhalt

 

Miss Rutherford und James Stringer begeben sich endlich auf die langersehnte Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn. Bereits auf der Anreise lernen sie einige der internationalen Mitreisenden kennen: Die elegante Russin Sonja Talyanowa; der renommierte Arzt Dr. Stavros Ioannidis; der Rechtsanwalt Lloyd Parker; die Millionenerbin Lady Evelyn Enniskeere; der großspurige Amerikaner Thompson, sowie der britische Adelsspross Lord Shellborne. Bald darauf können die beiden den Komfort der Transsib und die beeindruckende Landschaft genießen. Doch die Idylle wird mitten in der sibirischen Einöde jäh zerstört. Der Zug hält auf offener Strecke und kurz darauf kommt es kurz hintereinander zum Mord des griechischen Arztes und eines Heizers.  Der Lokführer bittet Ms. Rutherford, den Fall vor der Ankunft am Zielort zu lösen. Bei ihren Ermittlungen stellt sie schnell fest, dass alle Mitreisenden eine Verbindung zum Arzt haben. Hauptverdächtiger ist aber Ian King, dessen Namen auf einem Zettel in der Hand des toten Arztes zu finden war und der nicht auf der Passagierliste steht. Oder spielt der unerwartete Stopp auf offener Strecke eine Rolle?

Ms. Rutherford gelingt es jedenfalls, den Fall tatsächlich vor der Ankunft zu lösen.

 

Zur Einordnung

 

Ms. Rutherford und Mr. Stringer sind ganz eng an die beiden großen Vorbilder Marple und Stringer angelehnt. Interessanterweise sind die beiden Sprecher wie ihre Vorbilder im tatsächlichen Leben ein Paar. Die Cover bilden Miss Marple/Rutherford ab und tatsächlich ist die legendäre Filmmusik von Ron Goodwin immer wieder in schönen Abwandlungen zu hören. Anders als im Film wird das Team aber so wie ursprünglich von Agatha Christie geplant eher bedächtig und betulich inszeniert. Insofern ist diese Reihe eine echte Ergänzung bzw. Alternative zu anderen Angeboten.

 

Das Hörspiel

 

Unverkennbar ist die Handlung des Hörspiels ganz eng an „Mord im Orientexpress“ mit Hercule Poirot angelehnt. Zwei Morde und niemand kann während der Ermittlungen entrinnen. Ein klassischer Locked Room Krimi also.

Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive des Zugführers, der in Rückblenden die wichtigsten Ereignisse in Szene setzt. Dabei spielen auch der Stopp und eine mysteriöse Zuladung eine Rolle. Die Atmosphäre der Reise wird sehr schön getroffen. Man sitzt im Speisewagen und genießt die Schönheiten der Landschaft und die anspruchsvollen Speisen. Die kontaktfreudigen Rutherford und Stringer lernen so die späteren Verdächtigen kennen. Leider dauert es bis zum ersten Mord 45 langatmige Minuten. In der verbleibenden kurzen Zeit verliert der Hörer leicht den Überblick, wer wo wann im Speisewagen, im Schlafwagen oder im Frachtraum war. Wirkliche Spannung kommt dabei nicht auf.

Die Lösung des Falles ist Betrug am Hörer. Sie ist so einfach und naheliegend, dass jeder Ermittler nach 2 Minuten den Fall hätte lösen können. Nur wird dem Hörer ein wichtiges Detail nicht mitgeteilt. Leider gibt es auch sonst viele unlogische und merkwürdigen Details, dazu zählt auch der nichtssagende Titel Zarengold, auf das der Hörer lange warten muss.

Ohne Frage ist die Musik ein Gewinn. Das schöne Motiv wird immer wieder, sehr abwechslungsreich eingespielt. Auch die vielseitigen Hintergrundgeräusche tragen dazu bei, dass das Hörspiel atmosphärisch sehr dicht ist.

 

Fazit

 

Insgesamt ein wirklich nettes Hörspiel, das  den Hörer in eine andere längst vergessene Zeit versetzt. Sympathisches Ermittlerpaar, interessante Mitreisende. Wäre es ein Fernsehfilm würde es mich an Inspektor Barnaby erinnern. Da darf man auch nicht nach Logik und Spannung fragen und schaut es trotzdem.

 

Wertung 65%

 

Dauer 70 min

 

Verfügbarkeit

 

https://www.amazon.de/dp/B09R4VT92T/ref=sr_1_5?keywords=Margaret+Rutherford&qid=1646047366&sr=8-5

 



Crash – Raser und Poser



 

Auch der WDR leistet sich noch eigene Kriminalhörspiele außerhalb der Tatort–Reihe. Im Februar 2022 ist ein thematisch brandaktuelles Hörspiel von Erhard Schmied erschienen, welches die Raserszene unter die Lupe nimmt. Schmied hat für den Radiotatort schon einige im Saarland spielende Krimis geschrieben.

 

 

Der Inhalt

 

Eine junge Frau kommt bei einem Autounfall mit Fahrerflucht ums Leben. Sie wurde Opfer eines Straßenrennens. Die türkisch-stämmige Kommissarin Ayla Ciftci übernimmt den Fall und holt sich zur Verstärkung ihren Ex Tobias, den erfolgreichen Leiter der Raser-Soko. Sehr schnell identifizieren sie den Halter eines Wagens: der Boss eines libanesischen Familienclans, der aber bestreitet, selbst gefahren zu sein. Auch der Fahrer des zweiten Wagens wird festgestellt. Allerdings kommt es nicht zur Verfolgung. Er liegt tot am Boden eines Mietshauses. Ist der verzweifelte Berat vom Balkon im 4. Stock gesprungen oder wurde er gestossen?

Die Polizei begibt sich in der verschwiegenen Raserszene auf Spurensuche. Sie werden behindert durch Ehrencodes und jede Menge Verdächtige. Auch in der Polizei. In ihrer Hilflosigkeit machen sich auch die Eltern des toten Mädchens auf, den Täter zu suchen.

 

Die Themen

 

Das Hörspiel ist mehr als ein spannender Blick in die Szene, der testosteron-gesteuerten Raser, der zwielichten Werkstattbesitzer und libanesischen Familienclans. Geschickt verbindet der Autor dieses Leitmotiv mit anderen Themen und Denkanstössen.

Wie ist die Beziehung der Kommissarin zu ihrem Ex? Hält die Ehe der Opfereltern diese Krise aus? Warum konnte die Partnerin des Rasers ihn nicht von so einem Leichtsinn abhalten.

Halten die Raser untereinander dicht? Ist der Clan eine Familie oder organisierte Kriminalität? Vertrauen ist das zweite große Thema. Kann Ayla ihrem Ex trauen? Wie zutreffend sind Aussagen? Wieviel Vertrauen und Offenheit darf die Polizei zeigen, um ein wenig in die Szene einzudringen? Und dann geht es auch noch um Sucht. Die Sucht zu rasen und sein und andere Leben aufs Spiel zu setzen. Aber auch die Drogensucht, die die wichtigste Einnahmequelle des Clans zu sein scheint.

Toll ist auch der nüchterne Blick auf die Polizeiarbeit. Auf der einen Seite der lonesome Cowboy Tobias, der auf seinem erfolgreichen Weg viele Risiken eingeht und auf der anderen Seite der ältere Polizist, der am Telefon brav seinen Dienst tut und die Eltern beruhigt.

 

Das Hörspiel

 

Der Regie gelingt es, diese Erzählstränge spannend und ohne Längen, chronologisch sauber, miteinander zu verknüpfen. Der Hörer kann den eher kurzen Szenen gut folgen, weil die Stimmen der Sprecher alle sehr prägnant und gut wiederzuerkennen sind. Insbesondere gilt dies für Meriam Abbas (Ayla), Serkan Kaya (Tobias) und Sahin Eryilmaz (Machmut). Dabei ist es eine sehr bunte gemischte Gruppe: Männer und Frauen, Junge und Alte, Deutschstämmige und Menschen anderer Herkunftsländer. Dabei erscheinen manche Figuren und manche Sätze dann doch sehr klischeehaft. Aber das gibt es eben auch in der wirklichen Welt.

So spannend das alles ist, ist es manchmal der Nebenthemen doch zu viel und der Story hätte etwas mehr Fokussierung gut getan.

Ein besonderes Lob verdient die Musik. Sie ist keine Geräuschkulisse für kleine Besinnungspausen, sondern mit ihrer Vielfältigkeit und hohen Qualität eine echte Bereicherung wie man sie heutzutage eher selten hört.

 

 

Fazit

 

Ein grundsolider Hörspielkrimi. Brisantes Thema, tolle Sprecher, hörenswerte Musik und eine spannende Geschichte. Die Kommissarin und ihr Polizeiteam eignen sich auch für eine Mini-Serie.

 

Wertung 80%

 

Dauer 49 min

 

Verfügbarkeit

 

In der ARD Audiothek und beim WDR ab dem 25.02.2022          

 

Links

 

Info zum Hörspiel

 

https://www1.wdr.de/radio/wdr3/programm/sendungen/wdr3-hoerspiel/krimi-raser-milieu-unfall-100.html?wt_mc=mail.wdr.newsletter.Wir+k%C3%B6nnen+%C3%BCber+alles+reden.link

 

Autor

https://erhard-schmied.de/

https://www.hoerspieltipps.net/leute/erhard_schmied.html

 

Raserszene

 

https://www.waz.de/staedte/duisburg/raserszene-in-duisburg-grosseinsatz-der-polizei-auto-weg-id233122791.html

 

Der kalte Onkel – Staffel 2 von Caro ermittelt

copyright: rbb

 

 

Wie einem beim Kalten Onkel warm ums Herz wird

 

Der RBB hat kurz nach der 1. Staffel von Caro ermittelt (Strudel) mit dem Kalten Onkel eine zweite Staffel in 12 halbstündigen Episoden veröffentlicht. Hauptperson ist wiederum Caro(line Labusch), die unbekümmert, neugierig und akribisch in ihrer Familiengeschichte ermittelt. Für Menschen, denen der RBB längeres Zuhören ohne Augentätigkeit nicht zutraut, bietet der RBB auf Youtube eine Audio-Video-Fassung an.

 

Der Inhalt

 

Ihre Mutter überbringt Caro am Telefon zwei schlechte Nachrichten: Onkel Jochen, 78 Jahre, ist gestorben. Das kann in dem Alter passieren. Aber er wurde von Amts wegen bestattet! Wie das? Jochen war immer das schwarze Schaf der Familie, aber das hatte er nicht verdient.

Caro beginnt zu ermitteln. Sie verfolgt die Stationen seines Lebens über Berlin, Potsdam, Paris, New York. Und wie in einem Kaleidoskop ergeben sich mit den gleichen Zutaten immer neue Bilder. Der verarmte, alte Jochen. Der schwule Onkel, der in der Pariser Kunstszene heimisch wird und in seinem Lover, die „beste Frau seines“ Lebens kennenlernt. Jedenfalls für kurze Zeit. Der junge Jochen, der Kunstmaler werden möchte und seine mangelnde Begabung, durch aufsehenerregende Kunstdiebstähle wettmacht.

Wieso landet Jochen im Armengrab, wo er doch adlige Verwandtschaft hatte und sein Großvater für kurze Zeit gegen Ende des 1. Weltkrieges Reichskanzler war?

Caro arbeitet sich von Episode zu Episode vor und der Hörer wünscht, es möge kein Ende haben, weil jedes Mal ein neues Bild entsteht.

 

 

Das Hörspiel

 

Die Produzenten bezeichnen Caro ermittelt als True-Crime Comedy. Tatsächlich basiert diese Staffel auf der realen Recherche von Caroline Labusch. Ein Krimi ist es nicht, weil es einen Toten gibt (der im übrigen eines natürlichen Todes gestorben ist), sondern weil jede Episode einfach spannend ist und der Hörer seine Neugier nur durch Binge-Listening stillen kann. Comedy ist es, weil nichts Witziger ist als die Wirklichkeit. Eher verschmitztes Schmunzeln als Schenkelklopfen.

In jeder Episode ermittelt Caro an einem anderen, besonderen Ort in der großen weiten Welt (Berlin, Paris, New York, Künzelsau) und befragt unbekümmert teils skurrile Zeitzeugen, die dann im Original oder von ihren Partnern eingespielt werden. Caro spielt immer sich selbst, während Julia Jenkins und Rainer Sellien in erstaunlich viele Rollen schlüpfen. Aber auch die originalen Zeitzeugen tragen zum Erfolg bei. Wenn der Hörer erstaunt das Gesicht verzieht, spielt die elektronische Orgel, die dazu passenden Töne.

Die Regisseurin Marion (Rigoletto) Pfaus erinnert mit ihrer wirklichkeitsnahen, aber eben doch Kunstinszenierung ein wenig an Brecht. Sie schaut dem Volk aufs Maul, akzeptiert, dass manches Telefonat nicht zu verstehen ist oder die beiden Zweitstimmen, zweifelnd in das Skript reinsprechen.

Es ist nicht immer ganz leicht, die jeweiligen verwandtschaftlichen Beziehungen parat zu haben. Auch der zeitliche Zusammenhang erfordert Konzentration. Für manchen Hörer sind in den letzten Episoden die englischen Telefonate eine Herausforderung.

 

Für mich ist das Hörspiel vor allem eine Geschichte über Wirklichkeit und Wahrheit. Wieviel von dem Gespielten ist echt? Was ist Original gesprochen, was nachgesprochen? Studio oder Originalschauplatz? Caro ermittelt die Fakten und kommt der Wahrheit immer näher. Aber die Wahrheit hat viele Farben und Facetten und ist immer auch Wertung. Caro hilft, diesen unendlichen Wert zu verstehen. Aber Walser hat in einem seiner Romane schon darauf aufmerksam gemacht: Wenn etwas ist, ist es nie so, wie es gewesen sein wird.

 

Caro

 

Eine Figur wie Caro kann vielleicht nur aus Berlin stammen. Sie hat die richtige Spürnase, kann aber auch peinlich sein und über sich selbst lachen. Die Art wie Caroline Labusch ihre Caro spricht, ist unnachahmlich lebensecht, obwohl immer klar die Studiosituation zu hören ist. Aber vor allem ist Caro neugierig, geduldig und akribisch. Damit verkörpert sie Werte, die gerade Gefahr laufen, ins Antikenmuseum zu wandern. Gleichwohl nimmt sie die Haltung eines kleinen Kindes an, das die Welt vor allem wahrnimmt, wie sie ist und nicht schon weiß, was gut und richtig ist.

 

Einige Themen

 

Jochen ist eine schillernde Person und mehr als das Schwarze Schaf, dessen Träume und Visionen lange vor dem Armengrab enden. Er wirkt auf Menschen einnehmend und sympathisch, findet aber dennoch keine Bindung im und zum Leben. Sein Leben war ein ewiges Suchen.

Irgendwann hat ihn die Familie nicht mehr gesucht. Wie eng sind die vermeintlichen Familienbande? Binden Sie mehr als adlige Herkunft? Gelegentlich blickt Caro mit Schrecken auf die Geschichte ihrer Familie, wie wohl jeder, der diesen Schritt wagt. Höhen gibt es nicht ohne Tiefen.

Zu diesen Tiefen gehört das Begräbnis. Mit Grausen lauscht der Hörer den detailliert beschriebenen Vorgängen um eine Sozialbestattung.

Ein Interview mit dem berühmten Berliner Anwalt und ehemaligen Bundestagsabgeordneten Christoph Ströbele zu den Kunstrauben (Ströbele muss nur in uralte Akten schauen) führt letztlich zu einer anspruchsvollen Erörterung zum Verhältnis von Recht und moralischen Grundsätzen.

 

Fazit

 

Dem Team ist ein hörspielerisches Kunststück der Extraklasse gelungen. Eine massentaugliche Klangkunst. Es ist spannend, witzig und gelegentlich etwas gruselig. Eine tolle Inszenierung, die zum Nachdenken anregt und Lust auf mehr macht.

 

Wertung 95%

 

 

Verfügbarkeit

 

In der ARD Audiothek oder beim RBB ab dem 05.02.2022

 

Playlist: https://www.youtube.com/playlist?list=PL2Rn54bVHp6oeVBNUGOWjLP0Ird08kdx_

 

Der Stammbaum

Dank an Caro

 Ein paar Hörproben


 

Dienstag, 10. Mai 2022

Wenn Engel brennen – Ein genialer Lauschangriff

 

Buchcover

„Wenn Engel brennen“ ist ein dreiteiliges Hörspiel aus dem Jahr 2021 nach einer Vorlage der amerikanischen Autorin Tawni O´Dell, die 2019 auf Deutsch als Buch erschien. Der SWR ordnet das Hörspiel in die Gruppe der Feminist Gangsta, in der schon eine Reihe von neuen Hörspielen erschienen sind.

 

Inhalt

 

In einer vereinsamten Kohleregion in den Pennsylvania/USA ist die gut 40-Jährige Dove Carnahan als Chief für die örtliche Polizeiarbeit verantwortlich. Sie kümmert sich mit ihrem 5-Mann-Team um Schlägereien, kleine Diebstähle und die öffentliche Ordnung. Keine Herausforderung. Nun steht Carnahan vor einer glühenden Erdspalte, in die ein Mädchen geworfen wurde. Der Anblick der Leiche ist grauenhaft. Es handelt sich um Camio Truly, eine Teenagerin, die wegwollte aus diesem vereinsamten Ort. Wer tut so etwas?

Sie stammt aus einer typischen Redneck – Sippschaft, die es sich in der „Stütze“ bequem gemacht hat. Aber ein Mord?

Welche Rolle spielen ihr Freund und seine Clique? Alle aus eher guten Elternhäuser.

Konsequent und geduldig ermittelt Chief Carnahan.

Gestört wird sie, als nach 30 Jahren Haft der verurteilte Mörder ihrer Mutter auftaucht und sie des Mordes und der Falschaussage bezichtigt.

 

Die Bearbeitung

 

Der Bearbeitung und Regie ist es gelungen, Schwächen des Buches zu vermeiden und stattdessen das spannende Sittenbild einer verarmten Gegend in den USA zu zeichnen. Ich habe das Buch nach dem Hörspiel gelesen, weil mich die Sprache des Hörspiels beeindruckt hat:

 

„Da draußen ist ein Typ, der Sie unbedingt sprechen will.“ „Hat das mit unserem Mädchen zu tun?“ „Nein. Er will seinen Namen nicht nennen, aber er sagt, er hat ihre Mutter getötet.“ Er lässt die Schwere dieser Aussage wirken. Bestimmt erwartet er eine Reaktion von mir, aber von mir kommt nichts. „Alles in Ordnung, Chief? Glauben Sie, der Witzbold meint das ernst? Sollen wir mal nach ihrer Mutter sehen?“ „Meine Mutter wurde ermordet, als ich fünfzehn war.“

 

Ausschmückungen und Längen der Vorlage werden vermieden, die Realität des knüppelharten Daseins wird nüchtern und hart, lakonisch und ernst, grausam und witzig ausgebreitet. Dennoch ist es ein klassischer whodunit, denn die möglichen Täter sind überschaubar. Chief Carnahan ermittelt geduldig, wohl wissend, dass der erste Schein trügen kann. Der Hörer fühlt sich mitten im Geschehen, wenn Carnahan eine junge Mutter befragt, während das Baby permanent schreit und der Hörer wünscht, es möge endlich aufhören. Eine ideale Kombination aus Dialogen, Musik und Geräuschen.  Kompliment an den Regisseur Mark Ginzler.

 

 

 

Die Schicksale

 

Dieser country noir spielt in einer Gegend, die nicht lebenswert ist, weil nie endende Kohlebrände sie unwirtlich gemacht haben. Aber dies schweißt nicht zusammen.

Chief Carnahan und ihre Schwester haben eine harte Kindheit hinter sich, einen tristen Alltag und keine Perspektive.

Die Trulys sind „Sozialhilfeadel“. In ihrer Sippe gibt es Kriminalität, Alkohol und Drogen, jede Menge ungewollter Kinder und und. Es gibt die harte, bestimmende Großmutter, aber auch den jungen ehrgeizigen Engel, der in einer besseren Welt leben möchte. Träume welken und blühen.

Carnahan dringt tief in die einzelnen Geschichten ein und entdeckt eine unbändige Kraft zum Leben und Überleben. Diese Widerstandsfähigkeit, wie sie Brecht auch in dem Lied von der Hanna Cash besingt, hilft den Menschen zu leben, auch wenn die Bedingungen kaum auszuhalten sind.

 

 

Feminist Gangsta

 

Weibliche Ermittlerinnen sind nicht neu, aber doch rar, zumal im Umfeld des eher harten Krimis.  Die Stärken von Chief Carnahan werden besonders bei den Befragungen der Truly-Frauen deutlich. Sie ist zugewandt, aber auch entschlossen. Eine Figur, von der man gerne mehr hören würde.

 

Fazit

 

Gelegentlich gefriert einem das Blut in den Adern, manchmal lacht man laut.  Das Hörspiel ist ein wunderschöner Lauschangriff, der nie langweilig wird.

 

Wertung 95 %

 

Dauer 3 Episoden zu ca. 50 Minuten

 

Verfügbarkeit

 

In der ARD Mediathek oder direkt beim SWR (https://www.swr.de/swr2/hoerspiel/wenn-engel-brennen-1-3-swr2-krimi-2022-03-26-100.html)

 

 

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