Mittwoch, 11. Mai 2022

Terrorvögel – Neues Radio Tatort Team beim SWR

 

Schweinsfels

 

Nach langen 13 Jahren und 22 Folgen stellt der SWR die Episoden um Nina Brändle, gesprochen von Karoline Eichhorn und Xaver Finkbeiner (Ueli Jäggi) ein. Trotz ein paar neuer Ideen war wohl ein Neuanfang unvermeidlich.

Der landsmannschaftlich etwas schwierig aufgestellte SWR siedelt die neuen Episoden in der eher etwas betulichen Pfalz an. Im Mittelpunkt stehen nun zwei Kommissarinnen. Aus Ludwigshafen stammt die Kommisssarin Ekkelsberg, gesprochen von Jasmina Wagner, Fernsehzuschauern als Kommissarin Heller bekannt. Ihre junge Partnerin aus Landau ist Janina Fautz, bekannt als Rollstuhlfahrerin in der Fernsehserie Wilsberg.

Autorin ist die renommierte Krimischreiberin Monika Geier. In der Reihe Feminist Gangsta stellte sie auch beim SWR /HR 2020 ihr bisher einziges Hörspiel vor: Kornkreise

 

 

Inhalt

 

Die beiden Geschwister Nelly und Jonas machen einen Trip auf den Schweinsfelsen mitten in der Pfalz. Sie sind beide Biologen und möchten Turmfalken beim Brüten beobachten. Doch sie stürzen von dem hohen Felsen. Nelly ist sofort tot, Jonas stirbt wenige Tage später. Aber nicht an den Folgen des Sturzes sondern an einer rätselhaften Viruserkrankung: Dem Schönhörnchen -Bornavirus, das nicht von Mensch zu Mensch übertragen wird. Vor Ort übernimmt die junge Polizisten Amina King als Ortskundige die Ermittlungen. Parallele Ermittlungen eines Zollbeamten zu einigen Todesfällen bei Zoohändlern durch ebendieses Virus veranlassen die Ludwigshafener Kripochefin Ekkelsen eine Soko einzurichten: Soko Ornithoterrorists. Dieser Name findet sich auf Briefen in Nellys Nachlass, aber auch im Briekasten einer örtlichen Tierauffangstation.

Amina und Ekkelsen stochern lange im Nebel: Wieso teilt der sterbenskranke Jonas noch mit, seine Schwester habe ihn getötet? Hat die Tierauffangstation etwas damit zu tun? Oder ist der Zoll einer internationalen Bande auf der Spur?

Erst als sich Amina King Undercover in das zwielichte Umfeld von Nelly begibt, kommt sie der Lösung auf die Spur, gerät dabei aber als Undercover-Agentin und Lockvogel in eine lebensgefährliche Situation.

 

Das Vertraute

 

Der SWR legt wieder ein echtes Regionalhörspiel mit hohem Realitätsbezug vor. Den Schweinsfelsen, von dem die Geschwister stürzen, gibt es wirklich. Auch das Schönhörnchen-Bornavirus. Ein Teil der Sprecher spricht gut verständlichen Pfälzer Dialekt, aber immer angemessen. Amina King zum Beispiel eher im persönlichen, privaten Bereich. Da trifft es sich gut, dass die beiden Hauptsprecherinnen aus der Pfalz stammen. Auch findet sich mit dem Unterschied zwischen Ludwigshafen und Landau der Gegensatz eines Flächenstaates sehr schön wieder. Geblieben ist auch der kleine hierarchische Unterschied im Zweier-Ermittler-Team.

 

 

 

Das Neue

 

Das neue Team sind zwei Frauen. Die etwas raue, gelegentlich zynische hochdeutschsprechende Kommissarin aus Ludwigshafen und die junge Pfälzerin Amina King. Beide werden sehr überzeugend gesprochen. Ekkelsberger hat das Heft in der Hand und entscheidet schnell und klar. King ist jung und unsicher aber bereit, große Risiken einzugehen. Da steckt noch viel Entwicklungspotential drin.

Neu ist auch das explizit Politische. Mit Virus und Terror geht es hier um die ganz großen Themen der Gegenwart.

 

Die Dramaturgie

 

Es gibt zwei Erzählstränge im Hörspiel. Die Geschichte wird sauber chronologisch und gut hörbar erzählt. Der zweite Strand ist ein inneren Dialog von Amina King mit ihrem fiktiven Chef, dem ehemaligen Landauer Kommissar, der immer wieder auftaucht. Dabei werden ihre Ängste und Zweifel deutlich.

Mir gefallen  einige Personengruppen besonders gut. Die Polizeiarbeit sind nicht nur die beiden Kommissarinnen sondern auch ein älterer Zollbeamter und die einfachen Streifenpolizisten, die alle grundsolide eine gute Teamarbeit erledigen. Oder die verdächtige Auffangstation für Tiere mit ihrem Mulitkultihintergrund bei den Mitarbeitern und wunderschönen Tiergeräuschen.  Nellys Öko-WG ist kämpferisch, aber innerlich zerrissen. Der Stoff ist sorgfältig durchkomponiert und es lohnt genaues Hinhören.

 

Das Thema

 

Der Titel „Terrorvögel“ zeigt das Dilemma des Hörspiels: Was ist das eigentliche Thema dieses zweifellos spannenden Krimis? Es kommen weder Vögel noch Terroraktionen vor. Soll es ein Weckruf vor dem Missbrauch von Viren sein? Oder Warnung vor kriminellen Naturaktivisten? Da wirkt manche Szene doch etwas konstruiert, um Spannung zu erzeugen. Da begibt sich die Autorin auf heikles Terrain. Andererseits gibt es den Spruch: Alles was man sich ausdenken kann, kommt in Wirklichkeit vor.

 

Fazit

 

Ein gelungener Einstieg des neuen Teams, der neuen Autorin, auch wenn es noch Luft nach oben gibt.

 

Wertung 80 %

 

Dauer 55 min

 

Verfügbarkeit

 

In der ARD Mediathek ab dem 25.02.2022

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