Sonntag, 23. April 2023

Krieg der Erreger – Die 2. Episode des fränkischen Regionalkrimis

 

© ARD /Melitta und Stern


Der Bayerische Rundfunk sendet nun doch noch eine Fortsetzung der Reihe um Melitta und Stern.

Autorin ist wieder Katja Röder, die sich durch eine Reihe von Fernsehfilmen und den Radio Tatorten des SWR mit dem Xaver Finkbeiner als Kommissar ausgezeichnet hat. Trotz einiger Schwächen konnte Röder in der ersten Staffel „Wo du hingehst“ zeigen, dass moderne Regionalkrimis beim Hörer eine echte Chance haben.

 

 

Inhalt

 

Im Bamberger Ankerzentrum bricht eine Masernepidemie aus, obwohl alle Neuankömmlinge sofort geimpft wurden. Ein Neugeborenes verstirbt sogar im Krankenhaus. Die Situation ist chaotisch. Trotz der Kälte versuchen manche Bewohner zu fliehen. Das Zentrum ist überlaufen und die Maserkranken können nicht richtig isoliert werden. Aber wie kann so etwas geschehen?

Hat die Apotheke nicht mehr verwendbaren Impfstoff eingesetzt? Oder hat die Ärztin nicht ordnungsgemäß geimpft? Als die Ärztin in Verdacht gerät, ruft sie Melitta an. Sie war früher ihre Kinderärztin und hat erfahren, dass Melitta nun gelegentlich private Ermittlungen übernimmt. Sie selbst beteuert ihre Unschuld. Melitta macht sich an die Arbeit. Geht zur Polizei, zum Ankerzentrum, zur Apotheke, zum Pharmagroßhandel und wühlt sogar im Müll des Ankerzentrums. Dort stellt sie fest, dass die Impfampullen mehrfach neu etikettiert wurden. Mit Schrecken erfährt sie von der Praxis Pharmazeutika in ganz Europa umherzutransportieren, um als Re-Importe billiger zu werden. Aber Melitta mit ihrem Asperger-Syndrom und der Fähigkeit, Unmengen von Informationen parat zu haben und zu ordnen, findet die Ursache.

 

Das Hörspiel

 

Der Titel ist genial. Es geht nicht um Corona, sondern um Masern. Und das Wort Erreger ist sicherlich doppeldeutig, in einer Zeit, in der wir von vielen menschlichen und nicht-menschlichen Erregern bedroht werden.

Die Baronin Melitta Frankenberg ist die zentrale Figur des Hörspiels. Der Hörer erlebt sie mit ihren Geistesleistungen, aber auch ihrem Putzfimmel und der Sorge um die Flüchtlinge. Die Autorin hat die Figur weiterentwickelt. Asperger ist nur noch ein Teil ihrer Lebenswelt, nicht mehr der Dominierende. Sie ist nun eine echte Identifikationsfigur. Der Klostergärtner Anton Stern ist weitgehend außer Gefecht gesetzt. Weil als Kind nicht geimpft, hat er die Masern bekommen.

Die Beiden bewegen sich im zutiefst fränkischen Umfeld.  Es ist am Dialektklang zu hören, den Essgewohnheiten und dem, wofür Franken eben bekannt sind. Der Leiter des Ankerzentrums und der Ortspolizist sind kernige Ur-Typen. Ein echter Regionalkrimi also, in dem die Sprecher allesamt einen überzeugenden, lebensechten Eindruck machen.

Aber auch das Ankerzentrum hört sich lebensecht an. Da wird Ukrainisch und Russisch gesprochen, Kindergebrüll im Hintergrund, immer Hektik und Aufregung.

Nach den ersten einleitenden Szenen folgt der Hörer Melitta bei ihren Ermittlungen an den verschiedensten Stationen. So ganz im Vorbeigehen macht das Hörspiel auf eine Reihe von Gegenwartsproblemen aufmerksam: Konflikte im Ankerzentrum auch zwischen Russen und Ukrainern, Impfskeptiker bzw. – Gegner, unvernünftige Lieferketten, Re-Importe bei Pharmaprodukten. Dem Hörer bieten sich also viele Möglichkeiten, wie das Unglück entstanden sein kann. Durch ruhige Klangpausen und immer wieder stimmige Musik und Geräusche ermuntert, fabuliert der Hörer gerne eigene Lösungsgedanken. Er kann da der Lösung schon nahekommen. Die Autorin hat die logischen Schwächen der ersten Episode vermeiden. Der Regie ist zu danken, dass das Hörspiel sich mit 45 Minuten nicht in das starre Stundentempo pressen lässt und dabei genau das richtige Tempo und die nötige Zeit zum Erzählen hat. Das Hörspiel ist kein Erreger, sondern ein Anreger.

 

Fazit

 

Ein netter Regionalkrimi, der zeigt, dass man bei aller Urigkeit und Regionalität auch hochbrisante Themen vermitteln kann. Der Hörer wird die Figuren lieben und auf Fortsetzung hoffen. Der Anton kam diesmal etwas zu kurz.

 

 

Wertung  80 %

 

Dauer ca. 45 Min.

Sonntag, 16. April 2023

Russische Botschaften – Spionage Thriller eines Investigativ-Journalisten

 

Buchcover

 

Russische Botschaften ist ein zwei-oder vierteiliges Hörspiel nach dem gleichnamigen Buch des Autors Yashin Musharbash, der als Investigativ-Journalist arbeitet und Recherchen für John le Carré durchgeführt hat. Russische Botschaften ist das dritte Buch des Autors und bereits im August 2021 veröffentlicht worden. Das Hörspiel hat Deutschlandfunk Kultur produziert. Regie hat der bewährte Wolfgang Seesko.

 

Der Inhalt

 

Merle Schwalb sitzt mit dem Chef des Investigativ-Team im Außenbereich eines Berliner Lokals. Wird er ihr die heißersehnte Stelle im Team des Globus anbieten? Plötzlich fällt einen Meter von ihnen entfernt jemand vom Balkon auf die Straße. Tot, jedenfalls denkt Merle es. Doch die Polizei ruft den Notarzt und bringt ihn ins Krankenhaus. Die journalistische Neugier lässt Merle im Krankenhaus anrufen. Nein, der Mann sei schon tot eingeliefert worden. Merle wird neugierig und beginnt auf eigene Faust zu erkunden. Der Tote war Russe und in der russischen Botschaft beschäftigt, allerdings gleichzeitig ein V-Mann des deutschen Verfassungsschutzes und damit ein wichtiger Informant. Als sie eine Nacht mit einem Kollegen des Konkurrenzblattes NZ verbringt, erfährt sie, mehr zufällig, dass ihm ein russischer Informant eine Liste mit 25 Persönlichkeiten übergeben hat, die seit Jahren vom russischen Geheimdienst finanziert werden. Leider sei der Gute gerade tot vom Balkon gestürzt! Die Beiden wittern eine große Story und boxen durch, dass die Konkurrenten NZ und Globus ein gemeinsames Investigativ-Team bilden. Das Team kämpft sich durch Lügen, Verleumdungen Fake-News und droht selbst Opfer zu werden. Gegenseite sind vor allem die mächtigen, skrupellosen Geheimdienste Russlands. 

 

 

Das Hörspiel

 

Das Hörspiel wird aus der Sicht der jungen Merle erzählt, die damit dem hochpolitischen Thema auch immer wieder eine persönliche Note gibt. Die Episoden hängen eng zusammen. Hörplätze sind Berlin mit dem politischen Zentrum, eine Wohnung in der Uckermark, in der sich das Team verschanzt hat und Osteuropa, wo die Gegner aber auch Helfer zu Hause sind.

Sehr geschickt verknüpft das Hörspiel dabei die verschiedenen „Betroffenheitsebenen“. Merle ist Mitarbeiterin des Globus und dem Druck ihrer Chefin ausgesetzt. Sie fängt etwas mit dem Kollegen von der Konkurrenz an. Sie verzweifelt, als ihre junge Kollegin mit Sexvideos attackiert wird. Merle ist eben Mensch. Aber ein politischer Mensch. Als überzeugte Journalisten zählt für sie nur die Wahrheit und sie kämpft gegen falsche Botschaften. Das Hörspiel ist also auch eine Erzählung über investigativen Journalismus und hilft dem Hörer, wenigstens ansatzweise, falsche Botschaften zu erkennen. Und das Hörspiel ist hochpolitisch, weil der russische Staat unentwegt falsche Botschaften verbreitet, um Verunsicherung auszulösen. Die brisante Story spielt sich in nur wenigen Tagen ab. Die Erzählweise folgt dem chronologischen Verlauf. Die Meetings in der Uckermark geben jeweils eine Zusammenfassung der bisherigen Rechercheergebnisse.

 

Der Hörer folgt der Erzählung Merles eher mit zunehmender Neugier als mit Spannung. Eine Verfolgungsjagd wird abgebrochen. Aber der Hörer hält gelegentlich den Atem an, weil die Wahrheit so unglaublich ist.

Leider halten Vorlage und Regie diesen hohen Anspruch im Hörspiel nicht ein.  Außer Merle bleiben alle Figuren blass.

Die Vorlage lebt sehr stark von Zufällen in der Handlung. Fragt eine gelernte Investivjournalistin wirklich ihre Helfer: „Darf ich euch vertrauen?“ oder klickt in der Phase höchster Geheimhaltung einen Link an, der die ganze Arbeit gefährdet? Und es gibt viel zu viele Klischees, die eher an Hera Lind als an Le Carré erinnern. Die adlige Chefin heißt beständig „Das dritte Geschlecht“, weil für sie nur der Adel zählt. Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum Investigativ-Profis gefühlten 20-mal erklärt werden muss, dass GRU der russische Militärgeheimdienst ist.

Der Text ist mit seinen Anglizismen anbiedernd auf Groschenromanniveau. Da fährt Merle in einem „pornofarbenen Tschechenexpress“ nach Prag oder es beginnt das „Rattenrennen“ als die investigative Arbeit startet.

Die Regie verstärkt die Schwächen der Vorlage, anstatt sie auszugleichen. Natürlich muss die toughe Merle eine herbe Stimme haben. Russen haben eine tiefe Stimme und einen starkten Akzent. Die Dialoge klingen nicht ansatzweise so, wie Menschen miteinander reden. Das geht bis zu falschen Betonungen. Da wundert es nicht, dass die Musik düster wabert, wenn schlechte Nachrichten kommen. Kein Raum für Imagination des Hörers.

 

Fazit

 

Das Hörspiel greift ein hochaktuelles Thema mit vielen Facetten auf. Eigentlich jedem zu empfehlen. Es zeigt die schwierige, wichtige Arbeit von Investigativ-Journalisten. Es ist nicht langweilig zuzuhören, aber der geübte Hörer wird von der Umsetzung enttäuscht sein.

 

Wertung 65 %

 

Dauer die Spielzeit der Episoden ist insgesamt ca. 120 Minuten

 

 

Verfügbarkeit

 

ARD Audiothek

 

 

 

Montag, 10. April 2023

Radio-Tatort Hamm – Dirk Schmidt ist nicht zu fassen

 

© ARD / Jürgen Frey

Es hat nun etwas länger als ein Jahr gedauert, bis die treue Hörergemeinde wieder einen regulären Hamm-Tatort hören darf: Gute Dinge haben viele Besitzer. Der Tatort-Redaktion Gratulation zur 175. Episode in 15 Jahren und das vom Autor Dirk Schmidt entwickelte Hammer Team ist nun auch schon 13 (!!) Jahre dabei. In der ARD Audiothek sind die Tatort-Krimis neben Pastian Pastewkas Mucks immer Spitzenreiter.

 

Der Inhalt

 

Es ist Weihnachten, Rumpfbesetzung in Hamm. Anrufe Scholz bei Lenz und Latotzke. Es muss ohne Verzögerung ein dunkelhäutiger Asylbewerber zum Frankfurter Flughafen befördert werden. Der maulige Latotzke, der bereits angetrunkene Lenz übernehmen notgedrungen den Job. Latotzke sieht eine Chance, Kilometergeld zu scheffeln und fährt mit seinem Oldtimer-BMW.

Der jugendlich wirkende Asylbewerber hat wie alle diese Typen einiges auf dem Kerbholz: Drogen, Randale und reichlich andere kriminelle Aktivitäten. Auf der Fahrt durch die schnelle Strecke im Sauerland stellt sich der Abzuschiebende als nicht unsympathisch heraus und spricht auch noch fließend deutsch. Ihm fällt auch noch auf, dass sie von einem anderen Auto verfolgt werden. Es wird ein nächtlicher Überfall im tiefsten, einsamen Sauerland. Die Täter schnappen sich den Asylbewerber, den BMW und verschwinden. War der Asylbewerber eine große Nummer und sollte befreit werden? Oder ist er Opfer in einem Bandenkrieg? Mit der Hilfe von Scholz und einigen Taxifahrern schaffen es die beiden, eine Fahndung einzuleiten

 

Das Hörspiel

 

Das Team ist ja im Laufe der Zeit kleiner geworden. Scholz gibt es nur noch am Telefon. Bleiben die beiden Looser Lenz und Latotzke, die diesmal von dem genialen Jochen Busse als Taxifahrer unterstützt werden. Mit der Abschiebung eines Asylbewerbers deckt diese Episode die Vorgabe der Radio-Tatorte gesellschaftlich relevante Themen aufzugreifen, ab. Aber wie immer schreibt der Autor Dirk Schmidt gegen alle Erwartungen nachdenkliche, augenzwinkernde Szenen, die zu einem völlig unerwarteten Ende führen. Die Spannung folgt also nicht nur aus Autorennen.

Neben den beiden Hammern gibt es noch die kleine Truppe des Überfallteams. Sie sind schlichte, rabiate Urgesteine der Hammer Kriminellen-Szene. Ihre Mischung aus Dummheit und Brutalität ist schwer einzuschätzen. Aber der Autor liebt Menschen. Alle Figuren werden letztlich warmherzig gestaltet. Wie überhaupt das Hörspiel eine ironisch gefärbte Liebeserklärung an die Menschen des Rheinlands, die Einöde des Sauerlands und die uneingeschränkte Solidarität der Taxifahrer ist. Sie kennen und nennen den kleinsten Ort in der Nähe des Überfalls, um die Täter zu fassen und lieben Oldtimer wie Latotzkes BMW.

 

Erneut erweist sich Schmidt als Meister der kleinen Nebenszenen. Wie schlitzohrig Scholz Latotzke und Lenz zum Dienst zitiert, hat wohl mancher Hörer schon selber erlebt. Oder der Dialog über den Mann in der Zentrale: Ist er nun geschieden oder nicht? Ich denke, der war in Kur. Wie Menschen eben reden. Die Vielseitigkeit des Autors ist kaum zu fassen.

Eigentlich wäre ein Sendetermin gegen Jahresende für diese Weihnachtsepisode besser geeignet.

 

Fazit

 

Wieder ein wunderbarer Hörgenuss. Hervorragendes Skript, beeindruckende Sprecher, ein wenig Spannung, detaillierte Beobachtungen und viel Menschenliebe. Nicht nur für Anhänger des Hammer-Teams.

 

 

Wertung 85 %

 

Dauer ca. 48 Minuten

 

 

Verfügbarkeit

 

In der ARD Audiothek oder direkt beim WDR

 

 

 

 

Sonntag, 2. April 2023

Mia Insomnia – Eine nostalgisch-moderne Hörspielserie

 

© ARD

Der Bayerische Rundfunk bietet seit Feb. 2023 einen 10-teiligen Podcast für junge und alte Hörer an. Die ARD hat ihre eigene Vorstellung von Verbreitung. Der Podcast steht nur in der ARD Audiothek zur Verfügung, nicht auf Streaming-Diensten. Download ist nicht möglich. Also nichts für Reisende in Auto, Bahn oder Flugzeug.

 

Ein wenig Hintergrund

 

Die Hörspielwelt hat sich in den letzten Jahren massiv verändert. Internet und Streaming-Dienste haben die CD längst verdrängt. Die vielfältige Welt der Podcasts hat gezeigt, dass die Menschen immer noch lange lauschen können und „Serien“ mit Wiedererkennungswert lieben.

Das ist den Hörspielopas und -omas vertraut. Sie kennen stundenlange Durbridges oder viele Dickie Dick Dickens Episoden aus den 1960-Jahren. In der Schweiz laufen seit 1975 ironische Kurzkrimis mit dem Titel: Schreckmümpfeli. Die Generation Kassettenkinder hält bis heute den Helden der 1970-er Jahre die Treue.

Ein ungewisser Blick in die Zukunft macht es nachvollziehbar, dass Grauen und Mystery wieder häufiger zu finden sind. Neu sind sie nicht: E.A. Poe und Arthur Conan Doyle haben sich dieser Ängste schon bedient.

 

Der Anspruch

 

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk tut sich schwer in dieser veränderten Welt. Mit seinem Podcast „Mia Insomnia“ wagt sich der BR weit nach vorn. Er legt mit dem 10-teiligen Podcast eine Serie vor, die ein durchgehendes Thema und wiederkehrende Figuren enthält. Durch das thematische Motiv sind die ehemaligen Kassettenkinder eine Zielgruppe. Modern sind hingegen die Aufnahmetechnik und Mystery-Elemente. Mit Bastian Pastewka hat der BR auch ein Zugpferd als Sprecher gewonnen, der Hörer anlocken wird.

 

Der Inhalt

 

Mia (32 J.) ist eine aktive, quasselnde Podcasterin. Sie ist als Kassettenkind mit den Detektivgeschichten um TKKG oder den ??? Fragezeichen groß geworden. Nun hat sie die Gelegenheit, einen Helden ihrer Jugend in ihrem Podcast zu interviewen: Gerold Bode, die Stimme ihrer Lieblingsserie: Geisterjagd. Sie kennt jedes Detail und erkennt jede Stimme. Doch als sie ihn nach der Folge Insomnia (soviel wie: Schlaflosigkeit) fragt, zögert Bode. Die Folge gab es doch nie. Mia stutzt und befragt ihre Erinnerung. Doch, sie sieht die Kassette vor sich. Aber auch die Produzentin der Serie kennt diese Folge nicht.  Sie berät sich mit ihrer Freundin Maren, gemeinsam blättern sie in alten Alben. Mia springt hoch: Sie sieht ein Bild von sich als Kind mit der Insomnia-Kassette in der Hand. Zu der Zeit waren sie in einer Ferienwohnung in einem Bergdorf. Jetzt wird sie zur Detektivin und begibt sich auf eine Reise ins Feriendorf und in zunehmend mysteriöse Gegebenheiten. Gibt es wie in den Detektivgeschichten am Ende eine überzeugende, einfache Erklärung oder ist sie in eine andere Welt geraten. Gibt es mehr als eine Welt? Eine Gute und eine Böse? Um dies zu erfahren, macht sie sich auf die Reise in eine unbekannte Welt.

 

Die Wirklichkeit

 

Mia Insomnia ist ein 10-teiliges Hörspiel in Form eines Podcast. Die einzelnen Episoden bauen aufeinander auf. Es gibt jeweils einen kurzen Einstieg und nach ca. 15 Min eine ruhige Zwischensequenz. Es spielen nur wenige Personen mit. Hauptsprecherin ist Mia. In jeder Episode kommen dann wenige Andere dazu.

Sehr geschickt verbindet der Autor im Grunde drei verschiedene Geschichten: Die Detektivgeschichte der Mia, eine Geschichte über die langanhaltende Liebe zu Detektivgeschichte und eine leicht ironische Geschichte über plaudernde Podcaster. Erzählt werden diese Geschichten in der Ich-Form von Mia, die immer ihr Mikrofon dabeihat und aufnimmt, was sie gerade erwischt. Der Hörer erkennt dabei nicht, ob diese Aufnahmen gestellt oder echt sind.

Und das ist schon eines der zentralen Themen: Was ist echt, wirklich? Welche Welt ist die Richtige? Kann man einer Welt entfliehen? Zweifel durchziehen den Podcast. Ist die Gegenwart schlechter als die Vergangenheit? Ist Kindheit besser als Altsein? Die Antwort ist eindeutig: Es gibt nicht die eine Wahrheit. Wie Mia muss sich jeder auf seine Suche nach dem richtigen Weg und Wie machen.

Jede Episode endet mit der Neugier auf die nächsten Geschehnisse. Der Inhalt ist selten spannend, nie gruselig, aber immer mystisch. Gelegentlich etwas langatmig.

Beeindruckend wie der Autor die Sprachwelten der unterschiedlichen Menschen trifft. Viele klug formulierte Sätze, aber auch Geniestreiche. Wo hört man heute noch einen Satz wie: Ach du lieber Herr Gesangsverein. Man muss nicht alles im Podcast mögen, aber es entstehen unheimlich viele Bilder im Kopf, die mit passender Musik unterlegt werden.

Julia Gruber trifft den Ton einer jugendlich-naiven Podcasterin mit überschwänglichen Betonungen auf jeder dritten Silbe sehr gut. Da sie sehr viel zu hören ist, ist es zu viel des Guten. Sie kann oder darf offenbar auch nicht anders sprechen. In manchen Szenen wäre ein ängstlicher oder energischer Ton passender. Alle anderen Sprecher machen einen hervorragenden Job, allen voran der unverwüstliche Bastian Pastewka.

Hörtechnisch gesehen ist der Podcast ein Kabinettstückchen. Alte Kasetten, neue wackelige Podcastaufnahmen, Knacken, Knistern, tosender Wind, selbst wabernden Nebel glaubt man zu hören.

 

 

Fazit

 

Ein eindrücklicher Podcast, der Spaß bringt, zu hören, Bilder im Kopf erzeugt und wirklich für alte und junge Hörspielfans ein Hörgenuss ist. Die Bearbeitung hätte der Fabulier-und Sprachkunst des Autors allerdings ein paar Kürzungen zumuten können.

 

 

Wertung 80%

 

Dauer 10 Episoden je ca. 30 Minuten

 

 

Verfügbarkeit

 

Nur in der ARD Audiothek

 

 

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