Montag, 10. April 2023

Radio-Tatort Hamm – Dirk Schmidt ist nicht zu fassen

 

© ARD / Jürgen Frey

Es hat nun etwas länger als ein Jahr gedauert, bis die treue Hörergemeinde wieder einen regulären Hamm-Tatort hören darf: Gute Dinge haben viele Besitzer. Der Tatort-Redaktion Gratulation zur 175. Episode in 15 Jahren und das vom Autor Dirk Schmidt entwickelte Hammer Team ist nun auch schon 13 (!!) Jahre dabei. In der ARD Audiothek sind die Tatort-Krimis neben Pastian Pastewkas Mucks immer Spitzenreiter.

 

Der Inhalt

 

Es ist Weihnachten, Rumpfbesetzung in Hamm. Anrufe Scholz bei Lenz und Latotzke. Es muss ohne Verzögerung ein dunkelhäutiger Asylbewerber zum Frankfurter Flughafen befördert werden. Der maulige Latotzke, der bereits angetrunkene Lenz übernehmen notgedrungen den Job. Latotzke sieht eine Chance, Kilometergeld zu scheffeln und fährt mit seinem Oldtimer-BMW.

Der jugendlich wirkende Asylbewerber hat wie alle diese Typen einiges auf dem Kerbholz: Drogen, Randale und reichlich andere kriminelle Aktivitäten. Auf der Fahrt durch die schnelle Strecke im Sauerland stellt sich der Abzuschiebende als nicht unsympathisch heraus und spricht auch noch fließend deutsch. Ihm fällt auch noch auf, dass sie von einem anderen Auto verfolgt werden. Es wird ein nächtlicher Überfall im tiefsten, einsamen Sauerland. Die Täter schnappen sich den Asylbewerber, den BMW und verschwinden. War der Asylbewerber eine große Nummer und sollte befreit werden? Oder ist er Opfer in einem Bandenkrieg? Mit der Hilfe von Scholz und einigen Taxifahrern schaffen es die beiden, eine Fahndung einzuleiten

 

Das Hörspiel

 

Das Team ist ja im Laufe der Zeit kleiner geworden. Scholz gibt es nur noch am Telefon. Bleiben die beiden Looser Lenz und Latotzke, die diesmal von dem genialen Jochen Busse als Taxifahrer unterstützt werden. Mit der Abschiebung eines Asylbewerbers deckt diese Episode die Vorgabe der Radio-Tatorte gesellschaftlich relevante Themen aufzugreifen, ab. Aber wie immer schreibt der Autor Dirk Schmidt gegen alle Erwartungen nachdenkliche, augenzwinkernde Szenen, die zu einem völlig unerwarteten Ende führen. Die Spannung folgt also nicht nur aus Autorennen.

Neben den beiden Hammern gibt es noch die kleine Truppe des Überfallteams. Sie sind schlichte, rabiate Urgesteine der Hammer Kriminellen-Szene. Ihre Mischung aus Dummheit und Brutalität ist schwer einzuschätzen. Aber der Autor liebt Menschen. Alle Figuren werden letztlich warmherzig gestaltet. Wie überhaupt das Hörspiel eine ironisch gefärbte Liebeserklärung an die Menschen des Rheinlands, die Einöde des Sauerlands und die uneingeschränkte Solidarität der Taxifahrer ist. Sie kennen und nennen den kleinsten Ort in der Nähe des Überfalls, um die Täter zu fassen und lieben Oldtimer wie Latotzkes BMW.

 

Erneut erweist sich Schmidt als Meister der kleinen Nebenszenen. Wie schlitzohrig Scholz Latotzke und Lenz zum Dienst zitiert, hat wohl mancher Hörer schon selber erlebt. Oder der Dialog über den Mann in der Zentrale: Ist er nun geschieden oder nicht? Ich denke, der war in Kur. Wie Menschen eben reden. Die Vielseitigkeit des Autors ist kaum zu fassen.

Eigentlich wäre ein Sendetermin gegen Jahresende für diese Weihnachtsepisode besser geeignet.

 

Fazit

 

Wieder ein wunderbarer Hörgenuss. Hervorragendes Skript, beeindruckende Sprecher, ein wenig Spannung, detaillierte Beobachtungen und viel Menschenliebe. Nicht nur für Anhänger des Hammer-Teams.

 

 

Wertung 85 %

 

Dauer ca. 48 Minuten

 

 

Verfügbarkeit

 

In der ARD Audiothek oder direkt beim WDR

 

 

 

 

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