Montag, 22. August 2022

Das Zittern des Fälschers - Ein Hörspiel von Patricia Highsmith

 

Open Media Ltd, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0

Patricia Highsmith (1921-1995) war eine amerikanische Schriftstellerin, die auch durch ihre psychologisch tiefgründigen Kriminalromane berühmt wurde. Legendär ist ihre populärste Figur Tom Ripley. Ein Krimineller, der frei von jeglichen Skrupeln ist.

Für das Radio wurden im Zeitraum von 1973 – 2006 21 z.T. mehrteilige Kriminalhörspiele produziert. Das bereits 2006 von SWF und HR produzierte Hörspiel „Das Zittern des Fälschers“ wird nun im Juli 2022 auch im Radio gespielt. Bisher war es nur in einer Highsmith-Box auf CD verfügbar.

 

Inhalt

 

Der amerikanische Buchautor Howard Ingham ist nach Tunesien gereist, um ein Buch zu vollenden. Er genießt die Ruhe, erwartet aber noch einen Regisseur und seine Verlobte, die nachkommen wollen. Doch er wartet vergeblich auf Briefe der Beiden. Ingham freundet sich in diesen Tagen in seinem Hotel mit dem dänischen Maler Jensen und dem amerikanischen Journalisten Adams an. Jensen ist ein lebensfroher, deutlich fremdenfeindlicher Mensch. Adams verbreitet von Hammamet aus antikommunistische Propaganda im Osten. Eines Abends ertappt Ingham einen Araber bei einem Einbruchsversuch in seinem Hotelbungalow. Er verletzt den Araber stark, als er seine Schreibmaschine nach ihm wirft. Statt zu helfen, legt er sich schlafen. Am nächsten Morgen ist der Araber verschwunden und Ingham entscheidet, nichts weiter zu machen. Er wartet weiter auf Post und verbringt seine Abende zunehmend mit Jensen, der ihm sexuellen Avancen macht. Ingham muss aus der Post erfahren, dass der Regisseur Selbstmord begangen hat und vorher eine Affäre mit Inghams Verlobter hatte. Auch Jensen trifft ein Schicksalsschlag: Sein geliebter Hund Hasso verschwindet spurlos. Beide machen einen mehrtägigen Ausflug, um sich abzulenken. Einige Tage nach der Rückkehr deutet Adams an, dass er mehr über den Einbruch weiß und fragt Ingham aus. Inghams gerät in eine moralische Zwangslage, die sich nicht ändert, als seine Verlobte auch noch anreist.

 

Das Hörspiel

 

Über das widersprüchliche Verhalten von Menschen zu schreiben ist spannend, aber nicht zwangsläufig ein kriminalistisches Drama. Das zweiteilige Hörspiel ist gewöhnungsbedürftig. Es gibt eine allwissende Erzählerin, die die Handlung begleitet, gelegentlich aber auch die Gedanken des Protagonisten vorträgt. Viele Dialoge, gelegentlich werden Briefe vorgelesen. Dies alles in kleinen Häppchen und angemessenem Tempo. Sprachlich auf höchstem literarischem Niveau. Die Darstellung von Gefühlen und Gedanken geht zu Lasten einer spannenden Handlung. Erst in min. 32 des ersten Teils deutet sich eine kriminalistische Handlung an. Wenn die dämonischen Bilder des Malers beschrieben werden oder die Magenschmerzen nach dem Essen, bleibt wenig Spielraum für eigene Bilder. Der filmreife Spielort Tunesien mit seinen Oasen wird von der Regie nicht genutzt. Gelegentlich leise Hintergrundgeräusche und etwas orientalische Musik. Dennoch lädt das Hörspiel immer wieder zum Nachdenken ein. Über Homosexualität, moderne Malerei, Fremdenfeindlichkeit, Beziehungen und letztlich den Sinn des Lebens und sehr viel über moralische Last. Das macht die Gesamtspielzeit von 2 Stunden nachvollziehbar.

Insgesamt wirkt das Hörspiel etwas angestaubt. Viele von Highsmiths Themen haben im Jahr 2022 ihre Attraktivität verloren. Zugleich erkennt man die Autorin als Kind ihrer Zeit mit ihren vielen Vorurteilen. Das Hörspiel schildert das moralische Dilemma von Ingham, der falsch Zeugnis ablegt und letztlich doch zittert wie der Protagonist seines Buches. Aber es gelingt dem Hörspiel nicht die Wirkung der orientalischen Welt auf Ingham zu vermitteln noch seine innere Entwicklung.

 

Fazit

 

Kein Krimi, aber ein psychologisch bedenkenswertes Kammerspiel. Es gibt jedenfalls deutlich bessere Hörspieladaptionen von Highsmith, auf die der Hörer sich freuen sollte.

 

Wertung  70%

 

Dauer 2 Teile zu insges. 94 min

  

Verfügbarkeit

 

bei Amazon: CD-Box

 

auch bei Audible: als Lesung

 

oder in der ARD Mediathek

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Mallorca, Mord und Margerita – Ein kriminelle Loreley-Sage

Loreley Die preisgekrönte österreichische Autorin Magda Woitzuck ist keine Vielschreiberin, aber eine vielseitige Schreiberin. In der ARD Hö...