Sonntag, 3. November 2024

Recheuz – Ein österreichisches Kammerspiel

 

Der Autor Friedrich Christian Zauner


 

Der Schweizer Rundfunk kümmert sich liebevoll auch um längst abgetauchte Hörspiele, die von Susanne Jansson und Wolfram Höll sachkundig kommentiert werden. Anders als bei Pastewka stehen die Geschichten im Vordergrund und nicht die Sprecher. Im Oktober 2024 präsentieren sie Recheuz vom ÖRF aus dem Jahr 1978, also schon ein wenig eingestaubt. Ein Hörspiel des 2022 verstorbenen österreichischen Schriftsteller Friedrich Christian Zauner. Der SRF präsentiert seine Hörspiele auch auf Spotify. Dort kann der text-interessierte Hörer den Wortlaut dank KI per Transskript in ordentlicher Qualität verfolgen. Der SRF bietet neben den Kommentaren der Redaktion regelmäßig auch weiterführende Links mit Sachinformation an.

 

 

Inhalte

 

Harry Obermann, von Beruf Kommissar, ist mit dem Auto auf dem Weg zu einer Kur. Er lässt sich Zeit, will schon die Anreise genießen. Und dann passiert das Unglück: In the middle of nowhere hat er eine Autopanne. Kein Fahrzeug, kein Mensch in der Nähe. Er läuft zum nächstgelegenen Dorf, um Hilfe zu suchen. Im Dorfgasthaus wird er ungastlich empfangen. Keine Werkstatt, kein Telefon, kein Essen, keine Hilfe. Auch sonst erlebt er nur Abweisung. Auf dem Weg zum Dorfpolizisten wird er Zeuge eines Gesprächs: Ein junger Gastarbeiter wurde erschossen. Wenigstens der Polizist ist eine Hilfe: Er hat ein Telefon, macht ihm was zu Essen und lässt ihn bei sich übernachten. So erfährt Obermann etwas über das Dorf. Dort leben oben auf dem Berg jugoslawische Arbeiter, die im Steinbruch arbeiten. Sie existieren in ihrer eigenen, abgeschlossen Welt, nur der Vorarbeiter Itztok spricht Deutsch. Mit ihm nimmt Obermann Kontakt auf und erfährt etwas über den Toten. Aber offenbar ist auch der Polizist nicht wirklich daran interessiert zu erfahren, was passiert ist und wer Schuld hat. Oberman spricht, hört zu, spricht hört zu. Die Dorfbewohner sind verschlossen wie eine Auster. Aber Obermann gibt nicht auf, beobachtet den Jungen des Gastwirts und spricht mit ihm. Redet mit Baldur, der von Wilderei lebt und nur in seiner Welt lebt. Harry Obermann, der eigentlich nicht im Dienst ist, gelingt es den Täter zu entlarven. 

 

 

Das Hörspiel

 

In gewissen Sinn ist es sogar ein closed-room-Krimi, weil nur jemand aus dem Dorf oder von den Arbeitern Täter sein kann. Das Hörspiel lebt aber vor allem von seiner Atmosphäre. Die große Gruppe der Dorfbewohner, die sich abschotten, keine Fremden oder Veränderungen wollen. Die Arbeiter dulden, aber nichts mit ihnen zu tun haben wollen. Die Jugoslawen, die hart arbeiten und sich selber organisieren. Ein Bild, das es 1978 sicher auch so in Deutschland gab. Hier lediglich zugespitzt. Diese Welten werden in vielen Dialogen nüchtern abgebildet, ohne direkt wertend zu sein. Im Mittelpunkt steht Harry Obermann, der dem Hörer als einzige Person, zunehmend vertrauter wird. Die Handlung spielt innerhalb weniger Tage. Die übrigen Sprecher sind alle gut verständlich, die Jugoslawen mit entsprechendem Akzent. Musik und Geräusche werden sehr sparsam verwendet, die Konzentration liegt ganz auf dem Text. Obwohl kein ausgewiesener Krimiautor legt Zauner falsche Fährten, bietet reichlich Gelegenheit zum Mitraten und legt am Ende eine unerwarteten Schluss vor. Dieses Hörspiel ist in Zeiten, in denen wieder Menschen auf fremden Ländern nach Europa kommen, eine gute und spannende Anregung, über unser Verhalten ihnen gegenüber nachzudenken.

 

Fazit

 

Kein „großes“ Hörspiel, sondern solide Handwerkskunst, die bis heute aktuell ist und unterhaltsam anzuhören.

 

 

Wertung 80 %

 

Dauer ca. 60 Min.

 

Verfügbarkeit

 

SRF und alle wichtigen Streaming-Dienste

 

 

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