Mittwoch, 20. Juli 2022

Böses Ende – Ein frühes Highlight von Sven Stricker

 

Sven Stricker hat sich nach vielen Jahren als Regisseur einen Rang als der derzeit erfolgreichste Kriminalhörspielautor erarbeitet. Seine drei Hörspiele um den Kommissar Sörensen, gesprochen von Bjarne Mädel, sind hochgelobt und allseits beliebt. Am 29.04.2022 wurde ein älteres Werk aus dem Jahr 2011 von Audio-To-Go erneut veröffentlicht. Bereits damals hat Bjarne Mädel eine der beiden Hauptrollen gespielt. Obwohl das Hörspiel noch 2018 eine Preis bei RBB Brandenburg erhielt, hat wohl die Einordnung in das Genre Krimi-Komödie eine erfolgreiche Verbreitung verhindert.

 

Inhalt

 

Kuli hat seinen ersten Arbeitstag im Call-Center in Berlin. Die einzige Unterstützung, die er braucht, bekommt er ausgerechnet von Paul, dessen Devise lautet: Ich such keinen Kontakt. Zufällig belauschen die beiden den Dialog einer Kundin, die offenbar vergessen hat, aufzulegen:
Aus einem lauten Gespräch wird dort ein handfester Streit, der mit Lärm und Geschrei endet. Die beiden haben das Gefühl dort wurde eine Frau von ihrem gewalttätigen Mann verprügelt. Sie notieren die Telefonnummer, erfahren schnell Name und Adresse und begeben sich dorthin. Finden aber eine Frauenleiche. Aus Angst beschuldigt zu werden, begeben sich die beiden als Amateurdetektive auf Spurensuche. Gemeinsam mit einer Partnerin betrieb die unbescholtene Tote einen harmlosen Blumenladen. Allerdings war sie die heimliche Geliebte des Bürgermeisterkandidaten Henning Bürger, Aushängeschild der Friedenspartei. Außerdem liebten offenbar Extremsex. Wer könnte die Blumenhändlerin umgebracht haben. Der nur scheinbar harmlose Henning Bürger? Oder seine clevere neidische Ehefrau? Die Naivlinge nutzen ihre Ermittlungen auch noch für eine Erpressung, obwohl sie als Verdächtige schon von der Polizei observiert werden. Bis zum unerwarteten Ende bleibt es spannend. Die beiden befinden sich in einem“
Chaos aus Mord, Eifersucht, Friedenspolitik und thematisch sortierten Schallplatten“ (Zitat).

 

Die Sprecher

 

In einem hervorragend besetzten Team ragen Bjarne Mädel und Florian Lukas, die beiden Callcenter Kumpel, heraus. Die Dialoge des Autors sind ihnen wie auf den Leib geschrieben.

Der geneigte Hörer wird sich gerne an die Vertonungen von Stricker des Herrn Lehmann erinnern. Selten hört man so eine kalte, ehrgeizige Frau wie die Ehefrau vom Bürger. Bürger selbst wirkt privat unsicher, gibt aber in der Öffentlichkeit den starken Mann. Dem etwas trottelig wirkenden Kommissar gönnt der Hörer gerne die Zigarette. Die Regie konnte nahezu alle Sprecherrollen aus dem Hamburger Schauspielhaus besetzen. Chapeau.

 

Die Sprache

 

Alle Dialoge hören sich wie aus dem echten Leben einer skurillen Szenerie an. Immer lakonisch, zutreffend, fein formuliert und meist witzig. Ebenso, wie man es inzwischen aus Filmen und Hörspielen mit Bjarne Mädel kennt. Die Stimmung schwankt zwischen blutgerinnenden Momenten und Angst sowie lautem Lachen, wenn Kuli/Mädel sein Date in den Döner zum Fine Dinner einlädt. Dennoch hört man heraus, dass es inszeniert ist, der Hörer also immer in Distanz bleibt.

 

Die Machart

 

Die Story wird chronologisch sauber erzählt. Viele Szenen, schnell geschnitten. Im Mittelpunkt stehen die Dialoge. Immer wieder neue Ideen, neue Aspekte treiben die Handlung bis zum unerwarteten Ende voran. Die Geräusche und die Musik sind eher minimalistisch, aber einfallsreich. Während eines Dialoges, in dem sich der Kandidat und seine betrogene Ehefrau eiskalt angiften, brodelt im Hintergrund eine Kaffeemaschine. Nebenbei werden brandheisse Themen aufgegriffen: Die erniedrigende Arbeit im Call Center, verlogene Politiker, schräge Lebensentwürfe, nüchterne Polizeiarbeit, schwierige Ehen, ungewöhnliche Sexvorlieben und und. Eigentlich ist die Story filmreif.

Böses Ende ist ein spannender, temporeicher Krimi mit viel Situationskomik und Ironie, aber bei weitem keine sanfte Krimikomödie wie 2011 beworben.

 

Fazit

 

Deutlich besser als vieles was der Durchschnittstatort bietet. Mehr als ein Frühwerk. Dringend zu empfehlen, Pflicht für Liebhaber von Stricker und Bjarne Mädel

 

Wertung 80 %

 

Dauer 54 Minuten

 

Verfügbarkeit

 

https://audiotogo.hoebu.de/boeses-ende-sven-stricker-1069702

für 8,95 € als Download

 

 

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