Sven Stricker hat sich nach vielen Jahren als Regisseur einen Rang als der derzeit erfolgreichste Kriminalhörspielautor erarbeitet. Seine drei Hörspiele um den Kommissar Sörensen, gesprochen von Bjarne Mädel, sind hochgelobt und allseits beliebt. Am 29.04.2022 wurde ein älteres Werk aus dem Jahr 2011 von Audio-To-Go erneut veröffentlicht. Bereits damals hat Bjarne Mädel eine der beiden Hauptrollen gespielt. Obwohl das Hörspiel noch 2018 eine Preis bei RBB Brandenburg erhielt, hat wohl die Einordnung in das Genre Krimi-Komödie eine erfolgreiche Verbreitung verhindert.
Inhalt
Kuli hat seinen ersten Arbeitstag im Call-Center in Berlin. Die
einzige Unterstützung, die er braucht, bekommt er ausgerechnet von Paul, dessen
Devise lautet: Ich such keinen Kontakt. Zufällig belauschen die beiden den
Dialog einer Kundin, die offenbar vergessen hat, aufzulegen:
Aus einem lauten Gespräch
wird dort ein handfester Streit, der mit Lärm und Geschrei endet. Die beiden
haben das Gefühl dort wurde eine Frau von ihrem gewalttätigen Mann verprügelt.
Sie notieren die Telefonnummer, erfahren schnell Name und Adresse und begeben
sich dorthin. Finden aber eine Frauenleiche. Aus Angst beschuldigt zu werden,
begeben sich die beiden als Amateurdetektive auf Spurensuche. Gemeinsam mit
einer Partnerin betrieb die unbescholtene Tote einen harmlosen Blumenladen.
Allerdings war sie die heimliche Geliebte des Bürgermeisterkandidaten Henning
Bürger, Aushängeschild der Friedenspartei. Außerdem liebten offenbar Extremsex.
Wer könnte die Blumenhändlerin umgebracht haben. Der nur scheinbar harmlose
Henning Bürger? Oder seine clevere neidische Ehefrau? Die Naivlinge nutzen ihre
Ermittlungen auch noch für eine Erpressung, obwohl sie als Verdächtige schon
von der Polizei observiert werden. Bis zum unerwarteten Ende bleibt es spannend.
Die beiden befinden sich in einem“Chaos aus Mord, Eifersucht, Friedenspolitik und
thematisch sortierten Schallplatten“ (Zitat).
Die Sprecher
In einem hervorragend besetzten Team ragen Bjarne Mädel und Florian Lukas, die beiden Callcenter Kumpel, heraus. Die Dialoge des Autors sind ihnen wie auf den Leib geschrieben.
Der geneigte Hörer wird sich gerne an die Vertonungen von Stricker des Herrn Lehmann erinnern. Selten hört man so eine kalte, ehrgeizige Frau wie die Ehefrau vom Bürger. Bürger selbst wirkt privat unsicher, gibt aber in der Öffentlichkeit den starken Mann. Dem etwas trottelig wirkenden Kommissar gönnt der Hörer gerne die Zigarette. Die Regie konnte nahezu alle Sprecherrollen aus dem Hamburger Schauspielhaus besetzen. Chapeau.
Die Sprache
Alle Dialoge hören sich wie aus dem echten Leben einer skurillen Szenerie an. Immer lakonisch, zutreffend, fein formuliert und meist witzig. Ebenso, wie man es inzwischen aus Filmen und Hörspielen mit Bjarne Mädel kennt. Die Stimmung schwankt zwischen blutgerinnenden Momenten und Angst sowie lautem Lachen, wenn Kuli/Mädel sein Date in den Döner zum Fine Dinner einlädt. Dennoch hört man heraus, dass es inszeniert ist, der Hörer also immer in Distanz bleibt.
Die Machart
Die Story wird chronologisch sauber erzählt. Viele Szenen, schnell geschnitten. Im Mittelpunkt stehen die Dialoge. Immer wieder neue Ideen, neue Aspekte treiben die Handlung bis zum unerwarteten Ende voran. Die Geräusche und die Musik sind eher minimalistisch, aber einfallsreich. Während eines Dialoges, in dem sich der Kandidat und seine betrogene Ehefrau eiskalt angiften, brodelt im Hintergrund eine Kaffeemaschine. Nebenbei werden brandheisse Themen aufgegriffen: Die erniedrigende Arbeit im Call Center, verlogene Politiker, schräge Lebensentwürfe, nüchterne Polizeiarbeit, schwierige Ehen, ungewöhnliche Sexvorlieben und und. Eigentlich ist die Story filmreif.
Böses Ende ist ein spannender, temporeicher Krimi mit viel Situationskomik und Ironie, aber bei weitem keine sanfte Krimikomödie wie 2011 beworben.
Fazit
Deutlich besser als vieles was der Durchschnittstatort bietet. Mehr als ein Frühwerk. Dringend zu empfehlen, Pflicht für Liebhaber von Stricker und Bjarne Mädel
Wertung 80 %
Dauer 54 Minuten
Verfügbarkeit
https://audiotogo.hoebu.de/boeses-ende-sven-stricker-1069702
für 8,95 € als Download
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