Samstag, 20. Januar 2024

Verfluchter Krieg – Eine neue „Glut“-Episode des SRF

 

Martin Engler als Glut/© SRF 2023

Der Schweizer Rundfunk legt im Winter 2023 eine vierte Episode des Autors Holliger um den ehemaligen Kommissär Glut vor. Glut ist ein ausgesprochener Charakterkopf und hat zudem noch eine Lichtallergie, kann als nur Nachts arbeiten. Er sucht Katzen. Eine kleine Fangemeinde freut sich auf die anspruchsvolle, nie ganz einfachen Hörspiel. Das Intellektuellenkrimi hat Lokalkolorit, ist aber kein Mundartkrimi.

 

Inhalt

 

Winter 1992.Eines Nachts läuft Heiner Glut sein ehemaliger Kollege, der Kriminaltechniker Simon Isler, über den Weg und schleppt ihn mit auf die Spitze des Münsters. Per Laser will ihm ein Informant aus der Bank für internationale Zusammenarbeit Insider-Geheimnisse zukommen lassen. Daraus wird nichts. Sie befinden sich plötzlich im Visier von Scharf-Schützen und fliehen. Auf dem Heimweg wird Glut Zeuge eines Überfalls auf ein Auto und er meldet dies seinen ehemaligen Kollegen. Die sind nicht überrascht. Es müssen Kroaten gewesen sein, die seit einiger Zeit versuchen, eine serbische Hauptfigur des jugoslawischen Bürgerkrieges zu töten. Unversehens wird Glut gebeten, sich in die Ermittlungen einzuschalten. Zögernd sagt er zu und befindet sich bald darauf, im ruhigen Basel, in einem Kampf um Geld, Informationen und Menschen. Basel befindet sich plötzlich mitten im Geschehen des Jugoslawien-Krieges. Und dann wird es auch noch persönlich: Das Haus, in dem er lebt, soll Unterschlupf eines serbischen Kriegsverbrechers sein.

 

Das Hörspiel

 

Der Autor bezeichnet sein Hörspiel völlig zu Recht als einen „albtraumhaften Mystery-Krimi und Polit-Thriller“. Damit bedient er den Zeitgeist, der Mystery und Grauen liebt, den klassischen Krimifreund und zugleich die Liebhaber von Politkrimis.

Den vielen politischen Verästelungen und Verfeindungen zu folgen, wird nur wenigen Hörern gelingen. Spannend, aber extrem kompliziert. Glut ist nicht nur Ermittler, sondern offenbart auch seine komplexe Innenwelt. Er sieht seine toten ehemaligen Kollegen, hat Albträume und verliert oft genug die Bodenhaftung. Der Autor liebt den Spagat zwischen Irrealem und präzisen realen Beschreibungen. Es gibt das Große und Ganze und dann wieder die Kleinigkeiten. Die literarisch anspruchsvolle Sprache und viel Sprachwitz gehen etwas unter. Der Hörer sollte bereit sein, in diese Welt einzutauchen. Wenn er wieder auftaucht, wird er möglicherweise nicht genau wissen, wo er sich gerade befindet. Der Zugang zum Hörspiel fällt leichter, wenn man die vorhergehenden Episoden gehört hat.

Das Alles wird ausgesprochen unterhaltsam, spannend und hörenswert inszeniert. Es gibt wunderschöne zärtliche Szenen, eklige und grausige. Der zeitliche Ablauf ist nicht immer einfach zu verstehen. Wie häufig bei den Hörspielen des SRF sind Sound und Geräusche Erste Sahne. Hier knarrt noch die Treppe zum Münster und Glut hechelt die letzten Stufen. Ein Highlight ist eine Verfolgung im Abwasserkanal, in der es hallt und gurgelt. Die Musik ist eher experimentell.

Die brillante Regie lässt allen Sprechern den Raum die Figuren mit Leben zu füllen.

Als Episodenreihe würde man sagen. Gelungenes Ende, aber nun sollte es auch genug sein. Der Autor möchte einfach zu viel des Guten.

 

 

 

Fazit

 

Das Hörspiel ist wie ein mehrgängiges Viersterne-Menü in einem angesagten Restaurant. Für Genießer und Gourmets ein Genuss. Der Durchschnittsesser wird nicht satt und spart sich das Geld. Der SRF ist aber zu loben, dass er nicht nur die Tagesessen im Angebot hat.

 

 

Wertung 70 %

 

Dauer ca. 59 Min.

 

 

Verfügbarkeit

 

SRF Krimi Homepage

 

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