Sonntag, 14. Januar 2024

Timothy Truckle – Ein Scifi-Krimi aus der DDR-Vergangenheit

 

© MDR 2023

Der MDR hat ein glückliches Händchen, attraktive Stoffe auszugraben. Im Winter 23 wird die zweite Staffel von Timothy Truckle mit drei weiteren Episoden zu hören sein. Der längst verstorbene DDR-Autor Gert Prokop hat diese Sci-Fi-Krimis ab 1977 als Kurzgeschichten veröffentlicht. Prokop zeigt kunstvoll, dass Dystopien auch humorvoll, geistreich und kritisch sein können. Im Mittelpunkt der Episoden steht der kleinwüchsige Timothy Truckle (Tiny). Er arbeitet als einzig verbliebener Privatdetektiv in den Vereinigten Staaten von Amerika. Er lebt in Chicago im 827. Stock eines der vielen Hochhäuser. Unterstützt von seinem allwissenden Computer Napoleon. Tiny arbeitet nur für die Schönen und Reichen und die ganz schön Reichen.

 

Der Samenbankraub – Die Episode 5

 

Einer der reichsten Männer der Vereinigten Staaten hat ein Problem: Als die Welt vor vielen Jahren auf eine atomare Katastrophe zusteuerte, hat er eine Samenprobe von sich zukunftssicher deponiert. Heute will der 150-jährige Bigboss Abraham P. Bentley keine Kinder mehr. Dennoch sorgt er sich. Die Probe wurde entwendet. Will einer seiner zahllosen Nachkommen, sein Erbe vermehren oder sind hier Konkurrenten im Spiel? Eigentlich war ein Diebstahl unmöglich. Es gibt keine Erklärung, aber auch keine Geldforderungen oder andere Reaktionen. Seine weltgewandte, junge Assistentin Inger Johnson muss Truckle einschalten. Koste es, was es wolle. Nach langem Zögern reizt es Truckle , ans Meer zu kommen. Dort hat sich der Milliardär ein Refugium geschaffen. Umgeben von der verbotenen Zone. Truckle knüpft sich die Verwandtschaft vor, findet keinen Fehler beim Bewachungsunternehmen. Er ist ratlos. Also muss er an etwas denken, an das niemand denkt.

 

Die Inszenierung

 

Die Inszenierung ist kein spannungs- oder grauenbeladener Thriller. Ein Erzähler führt gemächlich durch die Szenen und Themen. Alles eher konventionell und nicht irgendwie zukunftsheischend. Dies ermöglicht eine Konzentration auf die Themen und den anspruchsvollen Text. Der Hörer folgt den Gesprächen und Aussagen mit zunehmender Spannung und kann durchaus den Plot aus den Augen verlieren. Die Anzahl der Personen ist überschaubar. Eine solche Textvorlage braucht erstklassige Sprecher, die jede feine Ironie oder Despektierlichkeit hören lassen. Und so ganz nebenbei greift der Autor ein bis heute brisantes Thema auf: Samendatenbanken und ihre Risiken.

 

 

Die Truckle-Reihe

 

Der Autor Prokop kennt natürlich seinen George Orwell oder Chandler und spielt mit ihren Themen und ihrer Sprache. Prokop ist es in der DDR gelungen mit einer Dystopie die im verruchten Westen spielt, indirekte Kritik an den Zuständen im Lande zu formulieren.

Unkonventionelle Themen („Wer stiehlt schon einen Unterschenkel?“), kluge Gedankengänge sowie viel Humor und Ironie sind seine Markenzeichen. Die Hörspielreihe zeigt, dass der Autor bis heute aktuell ist. Mit running gags und der immer gleichen Detektivtruppe ideal für eine Episodenreihe. Die wesentlich später im Westen erschienen Jungen Detektive des Kultautors Koser erinnern sehr stark an die Truckle-Episoden.

 

Wertung 90 %

 

Dauer zwischen 30 und 50 Minuten je Episode

 

 

Verfügbarkeit

 

ARD Audiothek

 

 

 

 

 

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