Sonntag, 30. Juni 2024

Ein Maximator unter Freunden 13 – Die zweite Staffel der BND- Stories

 


 

Die Reihe „Die größten Fälle des BND“ um die Agentin Anna Gudwin und ihre Herkunftsfamilie hat es nun in eine zweite Staffel geschafft. Eine Folge 12,5 stellt den Übergang her. Die Produktionsfirma Audioquants (Vertrieb Maritim) verspricht die fiktionale Aufarbeitung realer Geschehnisse. Zwar hat in der neuen Staffel der Autor gewechselt, aber die Hauptpersonen werden von den vertrauten Sprechern übernommen. Die Serie begann mit den Anfängen des Bundesnachrichtendienstes(BND), ist aber zwischenzeitlich in der Gegenwart angekommen.

 

Inhalt

 

Anna Gudwin (Tarnidentität Hanna Herold) hat einen Teil ihres Familienkrimis abgeschlossen. Sie hat ihren Vater gefunden. Nun begibt sie sich auf die Suche nach ihrer Mutter. In Berlin. Dort befindet sich noch die Villa, in der Anna groß wurde. Die Villa ist jetzt verlassen und gruselig, hat aber den Charme eines Lost Places. Ihr Führungsoffizier Mor will helfen, kann aber keine feste Zusage machen. Er verweist auf seine Kontakte insbes. auf den Zusammenschluss von Geheimdienstleistern namens Maximator, eigentlich die Bezeichnung eines süffigen bayerischen Doppelbocks. Wer verbirgt sich hinter diesem Begriff? Wie zuverlässig arbeiten sie und für wen? Anna will Genaueres wissen und bittet die Investivjournalisten Nora Palewi um Hilfe. Sie macht einen Termin bei einem Wissenschaftler in den Niederlanden, der Spezialist für Geheimdienste ist und überschreitet damit eine Grenze. „Maximator“ mag keine Einmischungen. Sie verfolgen Anna und wollen sie ausschalten. In letzter Minute kann Anna sie retten. Mit Hilfe des schwäbischen Rüstungslobbyisten und Abgeordneten Erich schafft sie es, einen Anschlag zur verhindern. Doch welche Rolle spielt Mor? Ist er Teil von „Maximator“? Oder will er Maximator ausschalten? Die Geschichte ist noch nicht zu Ende.

 

Das Hörspiel

 

Die Episode ist in sich abgeschlossen, aber ohne Kenntnis der vorhergehenden Episoden schwer zu verfolgen. Zumal viele zweifelhafte Personen immer wieder genannt werden. In der Eingangsszene kommt Mor zu Wort, der daran erinnert, dass die Geschichte auf realen Ereignissen basiert. Maximator hat es tatsächlich gegeben, an anderer Stelle wird die reale Operation Rubikon erwähnt. Diese lehrreichen Einsprengsel bremsen ein wenig den spannenden, temporeichen Erzählstrang. Das Hörspiel nutzt die große weite Welt der Spionage weidlich aus: internationale Mitspieler, abwechslungsreiche Spielorte, immer wieder kurze zugespitzte Szenen. Gleichzeitig wird aber die Handlung ergänzt durch Einblicke in Hannas Seelenleben auf der Suche nach ihrer Herkunftsfamilie und sich selbst. Sie hat neben ihrem Namen noch eine Tarnidentität. Nicht umsonst fragt Nora: Wer bist du? Die Regie hätte gut und gerne bei Sound und Geräusche noch eine Schippe drauflegen können, alles vorhanden aber eher sparsam. Anders als im Krimi gibt es bei der Spionage ja nicht einen Plot. Auch diesen Hörspiel lebt davon, dass der Hörer nie weiß, war kommt oder ob die Personen die Wahrheit sagen. Nichts ist so wie es scheint. Die Hauptsprecher machen einen guten Job. Nervig sind allerdings die Akzente der Ausländer. Der Autor verwendet eine zeitgemäße, wirklichkeitsnahe Sprache mit vielen hörenswerten Sätzen. Der Titel ist ja eine unüberhörbare Anspielung auf eine Formulierung von Angela Merkel: „Ausspionieren unter Freunden geht überhaupt nicht.“ Ein vorsichtiger Cliffhanger lädt ein, die nächste Folge zu hören.

 

Spionage im Hörspiel

 

Es mag den politischen Ereignissen geschuldet oder schlichtweg Zufall sein, dass aktuell gerade Spionagehörspiele gesendet werden (SRF Val Gieguld, Eric Ambler mit Nachruf auf einen Spion bei Pastewka). Dieses Genre lebt von internationalen Schauplätzen, geheimen Aktionen und Doppelidentitäten. Die attraktiven James-Bond-Verfilmungen sind ja ein Paradebeispiel In der Regel fehlt allerdings die Identifikationsfigur. Bei der ARD gibt es eine Reihe von Klassikern als Hörspiel: “Der Geheimagent“ von Joseph Conrad, einige Bearbeitungen von John leCarre oder James Follet. Pidax hat eine sehr schöne Box mit 10 Spionagehörspielen im Angebot.

 

Fazit

 

Gute, spannende Unterhaltung, die nebenbei Wissen vermittelt, dass einem das Blut in den Adern gefriert. Dranbleiben lohnt sich, die Regie könnte aber etwas mehr in die Umsetzung investieren.

 

Wertung         80 %

 

Dauer insges. 63 Min.

 

Verfügbarkeit

Bei     Amazon

          oder bei Holysoft und Spotify

 

 

 


Sonntag, 23. Juni 2024

Das Zentrum der Grenze - Ein moderner Landkommunenkrimi

 

Im Sommer 2024 veröffentlicht der SWR einen neuen Krimi des Autors Lars Werner. Werner hat auch am aktuellen Mehrteiler „Am Schlick“ mitgewirkt. Er greift aktuelle Themen auf und kann hochspannend sein.

 

Inhalt

 

Die Journalistin Maren Kowalczyk begibt sich für Recherchen zu einem Radio Feature in die Eifel. Dort haben im Tomorrow-Retreat fünf Menschen Selbstmord kurz hintereinander begangen. Alle haben sich dazu eingeschlossen. Es ist auch eine Reise Marens Innenwelt, denn Maren hat als junge Journalisten genau an dem Ort, einen Artikel über das damals ansässige Chemieunternehmen geschrieben. Und einer der Toten ist ihr Sohn Eric.

Das Retreat schottet sich ab und ist schlecht zu erreichen.Die Dorfbewohner nennen es nur das Zentrum. Aber Maren wird offen empfangen, kann sich ein Bild machen. Sie sieht Ecofitness: Junge Menschen reißen Schilf mit bloßen Händen aus einem See. Oder lauscht bei der amorphen Transformationstherapie: Die Teilnehmer sollen sich in das Leben von Tieren versetzen, um deren Leid zu spüren. Die sympathische Trainerin Nico zeigt Maren die Räume der Toten und lässt sie alle „Überbleibsel“ in Ruhe betrachten. Maren hört sie die Audio-Journals der Toten an. Auch das Journal von Eric. Die Guru-ähnliche Chefin Vanessa erläutert Maren geduldig den Heilsansatz. Die Kommune will die Schuld der Menschen abbauen, weil sie die Natur zerstört haben. Diese Chemiebrache ist daher symbolhaft ausgewählt worden. Die Toten werden zu Erde und vor Ort bestattet. Damit bauen sie die Sünden an der Natur ab.

Und dann bricht die Geschichte ab. Maren ist verschwunden und es gibt keinen Kontakt zu ihr. Ihr Kollege Sidney Rahmani macht sich nun auf die Suche nach Maren und lässt die Hörer an seiner Recherche per Podcast teilnehmen.

 

Das Hörspiel

 

Keine leichte Kost. Vor allem weil das Hörspiel permanent mit einer nervigen, düsteren Musik-und Soundkulisse untermalt ist. Auch die Erzählkonstruktion ist schwierig. Die Gliederung in Kapitel hilft da nicht unbedingt. Maren spricht selbst, gibt ihre (nicht immer autorisierten) Interviews wieder. Sidney wendet sich später in seinem Podcast direkt an die Hörer und gibt eigene, sowie Aufnahmen von Maren wieder. Auch gelegentlich Rückblenden und Zeitsprünge. Aber man hört sich ein. Dem Autor gelingt es mit dieser Konstruktion zwei verschiedene Blickwinkel auf den gleichen Vorgang einzunehmen. Die selbst betroffene Maren und der distanzierte Sidney. Beide Sprecher klingen überzeugend und sind allen anderen Rollen deutlich überlegen. Das Retreat selbst wirkt etwas aus der Zeit gefallen und eher wie eine Parodie. Eine Straßensperre, die zum Totalschaden führt, ist auch auf einer Privatstrasse nicht vorstellbar. Der amerikanische Akzent eines Aktivisten klingt nur lächerlich. Manches wird sehr zurechtgebogen: Keine sorgfältigen Ermittlungen durch die Polizei. Und Sidney ruft mal so am Telefon das SEK hinzu, als es brenzlig wird. Die hörtechnischen Raffinessen wie Ton-Aufnahmen, Podcast, Telefonate etc. sind jugendaffin und einfallsreich, tragen aber inhaltlich nichts bei.

Aber diese Schwächen werden durch einen ausgesprochen spannenden, völlig unerwarteten Plot ausgeglichen. Zudem ist das Hörspiel durch die Spurensuche von Sidney ein Krimi im Krimi. Das Anliegen des Hörspiels ist unüberhörbar und wird auch wörtlich genannt:

„Alle Menschen haben einen Punkt, wo man sie kriegen kann.“ Für Manipulation und Abhängigkeit. Und dann sind Indoktrination, Drogen und Machtmissbrauch Tür und Tor geöffnet. Es ist nichts so, wie es auf den ersten Blick aussieht. Also das Ohr bis zum Ende wach halten. Der Autor hat eine gute Vorlage geliefert, die eine differenziertere Inszenierung verdient hätte. Irgendwas muss ja immer auch anziehend sein, dass sich Menschen auf Gurus einlassen. Es ist vermutlich nicht nur düster.

 

Fazit

 

Wer den Sound bis zum Ende aushält, wird mit einem spannenden Hörspiel belohnt, dass trotz Düsternis und Gruselsound ein bedenkenswertes Hörvergnügen ist.

 

Wertung 80 %

 

Dauer insges. 55 Min.

 

Verfügbarkeit

 

ARD Audiothek ab 21.08.24

Montag, 17. Juni 2024

Worüber man nicht spricht – Noch ein Episodenkrimi

 


Unter dem etwas sperrigen Titel „Worüber man nicht spricht“ veröffentlicht nun(Mai 24) auch die hochkarätige Redaktion des SWR eine 6- teilige Episodenreihen. Autorin ist die die junge, politisch engagierte Autorin Sophie Sumburane, die schon einige Kriminalromane veröffentlicht hat und für ihre Arbeit gerade den Walter–Mossmann-Preis erhalten hat. 

 

Inhalt

 

Elisa lebt mit ihren beiden kleinen Kindern Lotte und Malte getrennt vom Kindsvater Stefan. Es ging einfach nicht mehr. Stefan holt die Kinder jedes zweite Wochenende und kümmert sich zusammen mit seiner Partnerin Sarah liebevoll um die Beiden. Aber er will keinen Unterhalt zahlen. Als Elisa ihn unter Druck setzt, kommt es zu Handgreiflichkeiten und Elisa haut ihm eine Vase auf den Kopf als Stefan sich ihr sexuell nähert. Stefan muss ins Krankenhaus und Elisa gerät kurzfristig in U-Haft. Aber Stefan ist kein Unschuldslamm. Seine Wunde kam nicht durch die Vase, sondern durch einen Unfall mit dem Motorrad, weil er besoffen gefahren ist und Elisa die Schuld in die Schuhe schieben wollte. Aber wieso finden sich in Elisas Badewannen Blutspuren? Elisa verdächtigt Stefan schon eine Weile, seine früheren Freundinnen ermordet zu haben. Aber sie findet keine glaubhaften Belege. Mit fachkundiger Hilfe erstellt Elisa einen Podcast, in dem die vermeintlichen Mordgeschichten Stefans berichtet werden. Damit setzt sie Stefan unter extremen Druck. Der schnappt sich die beiden Kinder und verreist mit Sarah an den Bodensee obwohl er kein Sorgerecht hat. Elisas Mörderbild beginnt zu bröckeln, als sich zwei der Ermordeten quicklebendig bei ihr melden. Stefan sei ein Kotzbrocken, aber kein Mörder. Als Elisa zum Bodensee reist, um die Kinder abzuholen, muss sie mit Schrecken feststellen, das allerdings die kleine Lotte verschwunden ist.

 

Das Hörspiel

 

Die in sich geschlossene Episodenfolge ist sozialkritisch, hochspannend und unterhaltsam. Die Teile sind hörerfreundlich miteinander verbunden. Jede Episode beginnt mit einer kurzen Zusammenfassung durch die Erzählerin und läuft mit einer langen, wunderschönen Musik aus, die den Hörer ermuntert, die Gedanken schweifen zu lassen. Es gibt viele Dialoge, gelegentlich berichten Elisa und Stefan in der Ich-Form. Viele hörenswerte Spielorte und Handlungen: Zuhause, Bodensee, U-Haft, Eisenbahnfahrt und vieles mehr.  Das Zuhören lohnt sich, denn es gibt viel zu Bedenken. Der Kotzbrocken und mögliche Serienmörder Stefan entpuppt sich als sorgender Vater und die sympathische Elisa gerät zuhörends ins Abseits. Das ist das eigentliche Kunststück: Hier ist nichts, wie aus auf das erste Hören scheint. Alle Sprecher klingen als sei es das wirkliche Leben. Selten hört man so glaubwürdige Polizisten. Die Autorin gibt mit ihren sensiblen Texten eine tolle Vorlage:  Da gibt es das oft Gehörte „Genau“ oder „Echt jetzt“. Oder beim Besuch des Zoos, eine Lebensweisheit: „Zuviel Raubtiere in einem Gebiet schaden sich“.  Und die Regie gönnt sich hörenswerte Spielereien: Die Computerstimme der Polizeinachrichten ist unüberhörbar ein Mensch. Der Titel deutet das zentrale Thema ja schon an: Häusliche Gewalt, Femizide über die „man“ nicht spricht. Aber es gibt weitere Themen, die hier nicht überladen wirken wie z.B. falsche Anschuldigungen oder Internetdenunziation. Und jeder Hörer findet eigene Schwächen oder Fehler in sich wieder. Den Finger auch mal auf sich selber richten.

 

 

Fazit

 

Dem SWR ist hier ein kleines Kunststück gelungen. Frei von jeglichen Klischees, höchst spannend, unterhaltsam und lehrreich. Produziert von einem Team, das an jeder Stelle bestens besetzt ist. Es gibt nicht eine verschenkte Hörminute.

 

Wertung 95 %

 

Dauer insges. 180 Min.

 

Verfügbarkeit

 

ARD Audiothek

 

 

 

Die Tote im Feuer – Noch ein Insel-Küsten-Krimi !

    Insel- und Küstenkrimis gibt es wie Sand am Meer. Aber Leser und Hörer lieben diese Atmosphäre, die an Urlaub erinnert. Kein Wunder also...