Montag, 17. Juni 2024

Worüber man nicht spricht – Noch ein Episodenkrimi

 


Unter dem etwas sperrigen Titel „Worüber man nicht spricht“ veröffentlicht nun(Mai 24) auch die hochkarätige Redaktion des SWR eine 6- teilige Episodenreihen. Autorin ist die die junge, politisch engagierte Autorin Sophie Sumburane, die schon einige Kriminalromane veröffentlicht hat und für ihre Arbeit gerade den Walter–Mossmann-Preis erhalten hat. 

 

Inhalt

 

Elisa lebt mit ihren beiden kleinen Kindern Lotte und Malte getrennt vom Kindsvater Stefan. Es ging einfach nicht mehr. Stefan holt die Kinder jedes zweite Wochenende und kümmert sich zusammen mit seiner Partnerin Sarah liebevoll um die Beiden. Aber er will keinen Unterhalt zahlen. Als Elisa ihn unter Druck setzt, kommt es zu Handgreiflichkeiten und Elisa haut ihm eine Vase auf den Kopf als Stefan sich ihr sexuell nähert. Stefan muss ins Krankenhaus und Elisa gerät kurzfristig in U-Haft. Aber Stefan ist kein Unschuldslamm. Seine Wunde kam nicht durch die Vase, sondern durch einen Unfall mit dem Motorrad, weil er besoffen gefahren ist und Elisa die Schuld in die Schuhe schieben wollte. Aber wieso finden sich in Elisas Badewannen Blutspuren? Elisa verdächtigt Stefan schon eine Weile, seine früheren Freundinnen ermordet zu haben. Aber sie findet keine glaubhaften Belege. Mit fachkundiger Hilfe erstellt Elisa einen Podcast, in dem die vermeintlichen Mordgeschichten Stefans berichtet werden. Damit setzt sie Stefan unter extremen Druck. Der schnappt sich die beiden Kinder und verreist mit Sarah an den Bodensee obwohl er kein Sorgerecht hat. Elisas Mörderbild beginnt zu bröckeln, als sich zwei der Ermordeten quicklebendig bei ihr melden. Stefan sei ein Kotzbrocken, aber kein Mörder. Als Elisa zum Bodensee reist, um die Kinder abzuholen, muss sie mit Schrecken feststellen, das allerdings die kleine Lotte verschwunden ist.

 

Das Hörspiel

 

Die in sich geschlossene Episodenfolge ist sozialkritisch, hochspannend und unterhaltsam. Die Teile sind hörerfreundlich miteinander verbunden. Jede Episode beginnt mit einer kurzen Zusammenfassung durch die Erzählerin und läuft mit einer langen, wunderschönen Musik aus, die den Hörer ermuntert, die Gedanken schweifen zu lassen. Es gibt viele Dialoge, gelegentlich berichten Elisa und Stefan in der Ich-Form. Viele hörenswerte Spielorte und Handlungen: Zuhause, Bodensee, U-Haft, Eisenbahnfahrt und vieles mehr.  Das Zuhören lohnt sich, denn es gibt viel zu Bedenken. Der Kotzbrocken und mögliche Serienmörder Stefan entpuppt sich als sorgender Vater und die sympathische Elisa gerät zuhörends ins Abseits. Das ist das eigentliche Kunststück: Hier ist nichts, wie aus auf das erste Hören scheint. Alle Sprecher klingen als sei es das wirkliche Leben. Selten hört man so glaubwürdige Polizisten. Die Autorin gibt mit ihren sensiblen Texten eine tolle Vorlage:  Da gibt es das oft Gehörte „Genau“ oder „Echt jetzt“. Oder beim Besuch des Zoos, eine Lebensweisheit: „Zuviel Raubtiere in einem Gebiet schaden sich“.  Und die Regie gönnt sich hörenswerte Spielereien: Die Computerstimme der Polizeinachrichten ist unüberhörbar ein Mensch. Der Titel deutet das zentrale Thema ja schon an: Häusliche Gewalt, Femizide über die „man“ nicht spricht. Aber es gibt weitere Themen, die hier nicht überladen wirken wie z.B. falsche Anschuldigungen oder Internetdenunziation. Und jeder Hörer findet eigene Schwächen oder Fehler in sich wieder. Den Finger auch mal auf sich selber richten.

 

 

Fazit

 

Dem SWR ist hier ein kleines Kunststück gelungen. Frei von jeglichen Klischees, höchst spannend, unterhaltsam und lehrreich. Produziert von einem Team, das an jeder Stelle bestens besetzt ist. Es gibt nicht eine verschenkte Hörminute.

 

Wertung 95 %

 

Dauer insges. 180 Min.

 

Verfügbarkeit

 

ARD Audiothek

 

 

 

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