Freitag, 24. Mai 2024

Am Schlick – Crime noir an der Ostseeküste

 


Der NDR veröffentlicht im April 24 eine sechsteilige“ Krimi-Hörspielserie“ mit hochkarätigem Personal. Allein die Besetzung mit Peter Kurth und Bjarne Mädel wird Hörer anlocken. Angekündigt wird ein düsterer Werft-Krimi über Freundschaft und Verrat, also kein geruhsamer Küstenkrimi. 

 

Inhalt

 

Die Kneipe„Am Schlick“ ist der Dorfbrunnen einer kleinen Gemeinde an der Ostsee. Sie hat schon bessere Zeiten gesehen. Die Wende hat alles auf den Kopf gestellt. Wessis sind gekommen und haben ihren Reibach gemacht und nun steht die Werft und mit ihr tausende Arbeitsplätze auf der Kippe. Und dann stirbt in dieser schwierigen Phase Harry. Mit allen Wassern gewaschen, hat er als Gewerkschaftsboss alle Klippen geschickt umschifft und wohl auch ein wenig sein eigenes Schiff in den Hafen gelotst. Nun möchte der selbtbewusste Dickschädel Alexander „Sascha“ Lüttich sein Nachfolger werden. Als Harrys rechte Hand kennt er sich aus. Und hat Unterstützung von Enno (Mädel), seine rechte Hand, und Mai, seiner Ex-Frau und Wirtin des Schlick. Doch in Waldemar Brams taucht überraschend ein Konkurrent auf. Der Wettkampf artet schnell in einen Krieg aus. Harmlose Delikte aus der Vergangenheit sind nichts gegen die kriminelle Vergangenheit. Harry war bei weitem kein Unschuldslamm und Sascha kannte nur einen Teil seiner Machenschaften. Doch auch Sascha hat einiges am Laufen, dass er gefährdet sieht. Die Internet-Trolle, alte und junge Nazis, Emporkömmlinge mischen gewaltig und gewalttätig mit. Überlebt Sascha mit seinem Team? Und wenn ja, wie?

 

Das Hörspiel

 

Die Episoden bilden ein Ganzes. Jede Episode beginnt hochgradig spannend und endet mit einem Cliffhanger, der Neugier auf die nächste Folge macht. Es geht hard-boiled zu: Erpressung, Diebstahl, Mord und Todschlag. Keine harmlose norddeutsche Provinz. Die Story spielt in der Gegenwart zeitlich folgend mit gelegentlichen Rückblenden oder Tonaufnahmen des toten Harry. Die Stimmung ist überwiegend düster, dick aufgetragen von der Musik. Der Hörer identifiziert sich schnell mit dem aufbrausenden Underdog Sascha und fiebert mit, wie das Ganze nun enden wird. Viel Spannung, aber eher weniger ein klassischer Krimi. Attraktive Spielorte, unterschiedliche Charaktere und Menschen, viele Handlungsebenen mit entsprechendem Sound und Geräuschen. Die meisten Figuren sind überzeugend und glaubwürdig. Manche als Klischee aber überzogen. Muss die Betreiber des Seniorenheims unbedingt eine Kriminelle sein? Eine „gute, ehrliche Haut“ kommt nicht vor. Die Autoren müssen aufpassen, vor lauter Ideenreichtum nicht, das zu verkörpern, was sie eigentlich kritisieren. Die Oktopussy-Monologe des Harry und manches Dünengespräch sind keine Lebensweisheiten, sondern esoterische Schwurbeleien.

In die Story verweben die Autoren viele weitere Geschichten, die wenig zur Handlung beitragen: Freundschaft, Familie, Wende, Korruption und Kriminalität, Identitätskrisen. Schon Janosch lässt den kleinen Tiger zur Essensportion sagen: „Alles zusammen und die größte Portion“. Das ist für ein Hörspiel etwas zu viel. Die meisten Figuren sind nachvollziehbar, Bjarne Mädel bleibt in seiner Rolle blass. Die Frauen sind willensstarke Figuren bis hin zur Kriminellen.

Gut gemeint und gut gemacht, aber letztlich Jerry Cotton für Intellektuelle.

 

Fazit

 

Trotz kritischer Anmerkungen unterhaltsam und spannend zu hören. Es gibt schlechtere Alltagskost und der Hörer darf nicht jede Woche Kunstwerke erwarten.

 

Wertung 75 %

 

Dauer insges. 180 Min.

 

Verfügbarkeit

 

ARD Auditothek

 

 

 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Ein unkonventioneller Ratgeber gegen Internet-Kriminalität

  Die Berliner Autorin Caroline Labusch („Rächerin der Reingelegten“) hat sich als Amateurdetektiven betätigt und dokument...