Die literarische Vorlage zu diesem Hörspiel ist das 2022 in Frankreich erschienene Buch, von nur 127 Seiten. Autor ist der Franzose Yves Ravey (Jahrgang 1953), der erst spät zur Literatur und noch später zu Ruhm kam. Der versierte Regisseur Walter Adler hat 2013 das Hörspiel „Bruderliebe“ inszeniert. Raveys Bücher bewegen sich zumeist zwischen Krimi und Literatur. Der produzierende NDR bezeichnet Taormina als einen „Höllentrip durch das Innere einer Ehe“.
Der Inhalt
Taormina auf Sizilien. Schon für Goethe ein Sehnsuchtsort. Hier suchen Melvil und Luisa Hammett Entspannung. Luisa, Tochter aus einem Akademiker-Haushalt und selbst erfolgreich, hatte eine Affäre. Nicht ganz überraschend. Das knabbert an dem arbeitslosen Melvil. Da sollen Sonne, Strand und ein imposantes Hotel Wunden heilen. Doch schon das Abholen des Mietwagens verzögert die Reise stundenlang. Der gut gemeinte Abstecher von der Autobahn zum Strand gerät zum Desaster. Baustelle statt Strand, Acker statt Straße und dann noch eine Flüchtlingsunterkunft. Es ist fast Mitternacht. Im aufgezogenen Starkregen fahren sie zurück. Dann ein lauter Knall. Melvil muss gegen irgendwas gefahren sein. Aber er fährt weiter, sie sind ja versichert.
Luisa macht ihm Vorwürfe. Der Urlaub beginnt erst am nächsten Tag im traumhaften Hotel. Allerdings müssen sie in der Zeitung lesen, dass ein Kind aus der Flüchtlingsunterkunft bei einem Autounfall mit Fahrerflucht getötet wurde. Panik. Hier beginnt der Krimi. Melvil lässt den Kotflügel heimlich reparieren. Die Polizei befragt Hotelgäste. Die Schlinge um die beiden zieht sich immer enger. Kommen sie da noch raus?
Das Hörspiel
Das kurze Hörspiel umfasst nur wenige Tage Spielzeit. Im Wesentlichen sind es Dialoge zwischen Melvil und Luisa. Aber aus der Sicht von Melvil, der in der Ich-Form regelmäßig kommentiert. Jeder Hörer kennt Spannungen aus Paar-Beziehungen, ihm wird vieles bekannt vorkommen. Allerdings spitzt Ravey die Lage immer mehr zu und es wird ein veritabler Krimi daraus. Ein Unfall mit einem Flüchtling macht die beiden am Ende selber zu Flüchtigen. Keiner der beiden Protagonisten wird dem Hörer sympathisch. Sie sind voller Lebenslügen, Unehrlichkeit und Eitelkeit. Alles in kurzen knappen Sätzen und unerwarteten Szenen erzählt. Trotz wunderschöner Musik und passenden Geräuschen kein Urlaubsfeeling. Eher Highsmith als Regionalkrimi. Oliver Wnuk als Melville spielt routiniert, aber auch nicht mehr, eine Rolle wie ihn jeder Fernsehzuschauer kennt. Da gelingt Odine Johne schon mehr Bissigkeit.
Leider wird die literarische Vorlage überschätzt. Polizei und Menschen auf Sizilien lügen und betrügen ohne Ende. Das ist ungerecht und politisch nicht korrekt und sollten Hörer und Leser nicht akzeptieren. Bei aller literarischen Kunst, die das Hörspiel auch bestens weitergibt, ist es am Ende nur Fine-Dining für Intellektuelle.
Fazit
Ein Krimi, der Spannung und Psychoterror geschickt verbindet, bestens inszeniert. Ein wenig mehr Wokeness hätte ihm gutgetan.
Wertung 80 %
Dauer ca. 47 Min.
Verfügbarkeit
ARD Audiothek
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