Montag, 25. Juli 2022

Teufel komm raus! – Teufelsaustreibung im Pfälzer Radio Tatort

© ARD / Jürgen Frey

 

Dies ist die zweite Episode des SWR beim Radio Tatort mit den Pfälzern Kommissarinnen Ekkelsberg (Ludwigshafen) und Amina King (Landau). Autorin ist Monika Geier, die auch schon für die Reihe Feminist Gangsta geschrieben hat.

 

 

Inhalt

 

Im Pfälzer Landau meldet eine junge Frau per Notruf den Fund eines Toten in der Therapiepraxis ihrer Mutter. Am Tatort bietet sich ein grauenhaftes Bild.  Eine männliche Leiche wurde wie Jesus am Kreuz auf den Fußboden genagelt. Der Tatort ist voller brennender Teelichter, die den schon überhitzten Raum noch mehr aufheizen. Neben dem Toten finden sich ein uraltes Buch und eine Tüte mit Drogen. Eine furchteinflößende Inszenierung. Alles erinnert an einen Ritualmord. Der Tote ist Pan Stern, ein klassischer Psychotherapeut, offen für Neues, aber kein Esoteriker. Ein Mensch, der offenbar bei allen beliebt war. Hauptkommissarin Ekkelsberg bildet ein Soko-Team: Die Ludwigsburger Kollegen sind der systematische, technik-affine Teil. Die Landauer verfügen über Orts-und Personenkenntnisse, agieren aber eher intuitiv. Wer hatte Zugang zu den Räumen? Pan Stern betrieb seine Praxis gemeinsam mit einer Kollegin. Deren Tochter hatte den Toten gefunden. Hatte der Tote was mit der Tochter? Die männliche Sprechstundenhilfe war innerlich auf dem Absprung, er macht sich mit zweifelhafter Ernährungsberatung selbständig. Zugang hatte natürlich die Reinigungskraft. Hat sie ihrem drogenabhängigen Sohn Zutritt verschafft?

Welche Motive stecken hinter dem Mord? Handelte der Tote mit antiquarischen Büchern? Eine Videoaufnahme deutet darauf hin, daß Stern sich bei seiner Reinigungskraft auf eine Art Teufelsaustreibung eingelassen hat. Die Ermittlungen laufen lange ins Leere. Bis sich die junge Amina King auf ihre Intuition verlässt.

 

Feminist Gangsta

 

Als männlicher Autor muss man vorsichtig sein, das Thema Frau im Krimi aufzugreifen. Im Hörspiel kommen starke Frauencharakter zum Zug. Ekkelsberg ist als Chefin resolut und immer schnell entschlossen. Die junge Amina King muss sich noch von ihrem ehemaligen Chef lösen und gegen männliche Neider durchsetzen. Es klingt auch immer eine spirituelle Ader bei ihr durch. Dem folgt der Hörer gerne. Aber was soll es heißen, wenn Amina schlecht gelaunt zu ihrer Mutter sagt: „Ich habe seit zwei Jahren keinen Sex mehr gehabt!“ Inhaltlich trägt dieser Satz nicht zur Handlung bei. Meint sie wirklich Sex oder lediglich Sex mit Männern? Sind Frauen, die keinen Sex haben, schlecht gelaunt? Hier kommt der Hörer doch ins Stutzen über die Haltung der Autorin.

 

Die Inszenierung

 

Das Hörspiel packt den Hörer mit abwechslungsreichen Szenen und Spielorten. Jede Figur ist als Charakter zu erkennen und hat ihr eigenes Profil, da bleiben Konflikte, die auch ins Persönliche gehen, nicht aus. Die Themenvielfalt kann den Hörer aber auch erschlagen: Junge Frau gegen alte weiße Männer, Teufelsaustreibung und Exorzismus, Großstadt gegen Kleinstadt, Obdachlosigkeit, Drogenabhängigkeit, Ernährungsmythen, Steuerhinterziehung und und. Dementsprechend irrlichtert der Polizeiapparat bei der Verfolgung verschiedenster Spuren und Motive. Die Stärke der Autorin sind eindeutig die Dialoge, die auch die tollen Sprecher ausreichend in Szene setzen. Amina King führt einen inneren Monolog mit ihrem früheren Kommissar, der nur durch die Hintergrundmusik als solcher zu erkennen ist. Sehr viel Psycho für eine ehrgeizige, bodenständige Kommissaranwärterin.

Im Grunde genommen ist das Hörspiel eine völlig abstruse Story im Grenzbereich verschiedener Genres, deren Ende weder klar noch spannend ist. Daran ändern auch eine Reihe leicht ironischer Szenen nichts. Die Spusi muss sich einen groben Schnitzer erlauben, damit die Handlung in Fahrt kommt: Der Hammer mit dem der Tote ans Parkett genagelt wurde, ist noch während der Ermittlung verschwunden.

 

Fazit

 

Ein gewagter Schritt in die Esoterik-Szene, ein wenig Fantasy, ganz wenig Krimi, viel Region, die den Krimi dann doch wieder cosy macht. Wem so etwas gefällt, wird zufrieden sein. Alle anderen schütteln den Kopf, wie ein so schwaches Hörspiel in die renommierte Radio-Tatort-Reihe gelangt.

 

Wertung 60 %

 

Dauer 53 min

 

 

Verfügbarkeit

 

Wie immer in der ARD Audiothek:

 

https://www.ardaudiothek.de/episode/ard-radio-tatort/monika-geier-teufel-komm-raus/ard/10639999/

 

Sonstiges

Interview mit Monika Geier

 

 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Nase um Nase – Hamm schlägt wieder zu

  © ARD / Jürgen Frey     Der späte Winter ist immer dem Hammer Radio-Tartort gewidmet. Im Jahr 2024 bereits mit der 19. ...