Montag, 6. Februar 2023

Corpus delicti – Eine Würdigung von Bastians Pastewkas „Kein Mucks!“

 


An dieser Stelle soll eines der Fundstücke von Bastian Pastewka besprochen werden: Corpus delicti, ein Kriminalhörspiel des französischen Autors Charles Maître aus dem Jahr 1970, dass Pastewka vor allem wegen der beeindruckenden Sprecher ausgewählt hat.

 

Corpus delicti

 

Die Handlung ist schnell erzählt. Mutter und Tochter wohnen bei der Tante und ihrem Ehemann. Die Tante ist eine gemeine, zynische Alte. Als sie erfährt, dass die junge Tochter heiraten will, stellt sie sich quer und droht mit Rausschmiss und Enterbung. Wenige Tage später ist sie verschwunden. Da sie einen Notartermin nicht wahrgenommen hat, meldet sich kurz darauf die Polizei. Die Polizei ist hilflos, ihr fehlt jeder corpus delicti, jedes Beweisstück für eine Straftat.

Es ist ein kriminalistisches Kammerspiel. Wenige Figuren, die Handlung spielt überwiegend im Haus der Familie, die Geräusche reduzieren sich auf knarrende Türen oder Fußtritte. Ein Klavier begleitet in wenigen Passagen. Es bleibt bis kurz vor Schluss unklar, ob und wie die Tante verschwunden ist. Maître macht also aus einer Studie über eine schwierige Familiensituation ein Kriminalhörspiel. Um den Hörer bei Laune zu halten, braucht es dazu schon begnadete Sprecher. Tatsächlich wird die Generation Ü60 alle Sprecher kennen. Allen voran Rene Deltgen,

aber auch so bekannte Namen wie Rosemarie Fendel, Monika Peitsch, Gerd Verspermann oder Klaus Höhne. Alles erfolgreiche Theater- und Fernsehschauspieler. Anders als bei den heute beliebten Synchronsprechern drängt sich keiner mit seiner Stimme in den Vordergrund und ist extrem vielseitig bei der Nuancierung von Stimmungen. Ein Theaterschauspieler muss mit seiner Stimme auch den Zuschauer in der letzten Reihe erreichen, der nicht viel sieht und auch nicht viel hört.

 

„Kein Mucks“

 

Bastian Pastewka ist nicht nur ein bekannter und erfolgreicher Comedian, sondern auch ein leidenschaftlicher Hörspielfreund. Er entstammt der Generation Kassette.  Gut vernetzt mit dem ÖRR hat er Radio Bremen dazu bewegt, olle Kamellen aus der Krimiwelt erneut zu Gehör zu bringen. In den ersten drei Staffel sind 69 Krimis vorgestellt worden, die insgesamt 11,9 Mio. mal bei bremenzwei.de, bei Spotify und Apple und der Audiothek bis Aug. 22 wiedergegeben wurden. In der vierten Staffel seit Sept. 22 folgen 40 weitere, nicht nur von Radio Bremen, sondern von allen ARD Anstalten.

Wer sich ein wenig auskennt, weiß, dass dies nicht nur eine enorme Fleißarbeit in den Archiven bedeutet, sondern auch, dass die Abspielrechte jedes Mal aufwändig zu klären sind. Gelegentlich leidet die Musik darunter.

Das bisher älteste gespielte Hörspiel ist „Der Mann im Fahrstuhl“ von Lucille Fletcher ist aus dem Jahr 1949. Pastewka wählt nicht als Archivar oder Historiker aus, sondern als jemand den vor allem die Sprechkunst und manch einprägsame Idee faszinieren. In seinem Podcast kommentiert er regelmäßig seine Auswahl, stellt die Sprecher auch mit Hörproben aus Funk und Fernsehen vor. Er identifiziert stereotypen Szenen und erinnert an die Bedeutung der Musik. Wir hören gedrechselte Dialoge, treffen auf trinkende Sexisten und erleiden viele Wendungen, bis etwas wirklich geschieht. Für den treuen Hörer ergibt sich dann mit der Zeit doch ein wenig eine Geschichte des Kriminalhörspiels und der Hörspieltechnologie. Für den Sammler wäre es nett, wenn es die Hörspiele auch unkommentiert gibt.

 

Fazit

 

Ein Muss für jeden Hörspielliebhaber. Lauschen und Genießen und keinen Mucks sagen! Aber Achtung: Kein Mucks ist ansteckend: Auf den Podcast Charts der ARD Audiothek stehen die Krimis regelmäßig ganz weit vorn.

 

Wertung 95%

 

Dauer  unterschiedlich

 

 

Verfügbarkeit

 

ARD Audiothek oder bei radiobremen2



Sonstiges

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Kein_Mucks!_%E2%80%93_der_Krimi-Podcast_mit_Bastian_Pastewka

 

https://www.radioszene.de/166543/kein-mucks-bastian-pastewka.html

 

https://bastianpastewka.de/

 

Eine der wenigen Würdigungen

 

https://www.facebook.com/page/169837909857/search/?q=kein%20mucks

 

Für jeden Suchenden ist das Internet Archive eine Fungrube. Dort finden sich auch alle älteren Veröffentlichtungen:

 

 


 

 

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