Sonntag, 12. Februar 2023

Abendland und Untergang – Kein Untergang, aber auch keine Morgensonne

 

© ARD / Jürgen Frey

Untergang und Abendland ist der vierte und wohl auch letzte Radio Tatort mit dem Münchner Team (Nov.22). Autor ist der renommierte Krimi-Schreiber Franz Dobler, leuchtende Sterne sind die beiden Sprecher Bibiane Beglau und Johannes Silberschneider.

 

Inhalt

 

Kerstin Steiniger ist eine streitbare, populäre AfD-Politikerin. Seit kurzem erhält sie Morddrohungen und muss observiert werden. Da der Staatsschutz personelle Engpässe hat, muss für ein paar Tage das Ermittlerteam Hosnicz und Rosenberg die undankbare Überwachung durchführen. Frau Steiniger ist wenig hilfsbereit und lässt die Beiden mitlaufen statt zu kooperieren. So haben sie allerdings die Möglichkeit, die Frau in ihrem Umfeld wahrzunehmen. Sie lernen Steinigers Team und ihren Familienclan kennen.  Steiniger lebt noch mit ihrem Ehemann und der ganzen Familie zusammen, hat aber eine Geliebte. Eigentlich ein No-Go für die AfD. Der Ehemann ist knapp bei Kasse, die Freundin des Sohnes ist Afghanistan-Flüchtling und handelt mit Drogen. Sie gehen alle nicht freundlich miteinander um. Die Risiken für Steiniger sind hoch, weil sie sich nicht schützen lässt und provokativ in der Öffentlichkeit auftritt. Ob die Drohungen ernst gemeint sind, können die Beiden nicht beurteilen. Der Staatsschutz hält sich zurück.

Dann geschieht tatsächlich ein Mord, aber nicht an Steiniger.

Auch die Ermittlungen bleiben an Hosnicz und Rosenberg hängen.

 

 

Das Hörspiel

 

Das Hörspiel lebt von den Dialogen zwischen Hosnicz und Rosenberg. Hosnicz kommt gelegentlich in inneren Dialogen zu Wort. Da hört man, dass der Autor ein lebenserfahrener Mensch ist und ein glänzender Literat. Dieses Team ist in sich stimmig und die Hörer werden es vermissen. Um diese Dialoge wird die Geschichte dieser vielgesichtigen Politikerin erzählt. An hörenswerten Spielstätten und mit attraktiven Typen wie einer obdachlosen Flaschensammlerin oder einer nervigen Vorsetzten. Tolle Idee, bei den nächtlichen Überwachungen die Musik und die Moderatorin fast ins Geschehen einzubinden. Aber alle diese Figuren bleiben als Mensch blass und sind nur Staffage für die Geschichte, die zügig und unterhaltsam erzählt wird. Nahezu jeder ist des Mordes verdächtig, weil der Autor viele falsche Fährten legt. Spannend ist das allerdings nicht, vor allem weil der Autor wieder ein überladenes Spektrum seiner Sicht der Welt und ihrer Schlechtigkeit ausbreitet. AfD Menschen, die gegen sexuelle Vielfalt wettern, aber selber lesbisch sind, unfähiger Staatsschutz und Verfassungssschutz, Missbrauch der Corona-Hilfen, übergriffige Vorgesetzte, falsch verdächtigte Flüchtlinge, der Sohn, der einer irrealen Unternehmensgründung nachhängt, Antisemitismus in linken Kreisen. Der Autor lässt völlig zu Recht Rosenberg sagen: Das Ganze kann sich ja keine Sau ausdenken. Aber Franz Dobler. Der muss dem Hörer auch noch mitteilen, dass er seinen Adorno gelesen hat. Was nichts zur Handlung beiträgt.

Der Regisseur macht das Beste draus und wird dabei von einer leicht elektronischen, aber immer stimmigen Musik unterstützt.

 

 

 

Fazit

 

Der Radio Tatort Fan wird auch diese Episode tapfer ertragen, aber dem Autor wohl nicht nachtrauern. Gute Regie, viele schöne Ideen und tolles Team. Aber eher politische Agenda des Autors als spannende Unterhaltung. Trotz Krieg und Krisen ist das Abendland noch weit vom Untergang entfernt.

 

Wertung 65%

 

Dauer 50 Min.

 

 

Verfügbarkeit

 

ARD Audiothek und direkt beim BR

 

 

 

 

 

 

 

 

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