Sonntag, 13. August 2023

Loose the rich – Ein hochklassige Kriminalsatire mit Tief-und Seegang

 


Der Deutschlandfunk Kultur geht immer mal wieder mutige Wege. Im Sommer 23 produziert er eine Krimisatire, die an sich schon selten und nicht ganz einfach sind. Und das auch noch mit weitgehend unbekannten Autoren und Regisseuren. Der Mut wurde unstrittig belohnt.

 

Inhalt

 

Der Shooting-Star Raya hat die rettende Idee. Raya ist reich geworden, weil sie eine App entwickelt hat, mit der der Lebensweg von Produkten ökologisch korrekt nachvollzogen werden kann. Das kommt bei den Reichen und Schönen und den ganz schön Reichen super an. Aktuell haben sie andere Sorgen. Sie werden akut von einem Virus bedroht, der nur Reiche befällt! Raya kauft eine einsam gelegene Insel im Norden Schottlands und lädt eine kleine Gruppe Gleichgesinnter ein. Sie dürfen sich auf Rayas Yacht in dieses Refugium begeben. Dort sind sie vor dem Virus sicher. Doch Sicherheit hat seinen Preis. Alle Reisenden müssen ihren Reichtum einer Stiftung übergeben, die dann den Aufenthalt auf der Insel sicherstellt.

Die Reise beginnt mit einem Drama. Stefan, der eng mit Raya zusammengearbeitet hat, wird brutal ermordet aufgefunden. Und dann wird auch noch Tessa entdeckt. Eine blinde Passagierin, die das Sicherheitskonzept gefährdet und als Täterin in Frage kommt.  Claire, die ältere Finanzmanagerin von Raya, drängt darauf, die Reichtümer an die Stiftung zu überschreiben. Als sich dann rausstellt, dass Raya ihren Reichtum nur durch eine gefakte Software erworben hat, überschlagen sich die Ereignisse auf der Yacht. Aber niemand kann weg.

 

Das Hörspiel

 

Das Hörspiel ist ein Hörgenuss ersten Ranges. Es ist jeden Moment spannend und unerwartet, selbstironisch, ein wenig gruselig und witzig. Da fallen schon mal so schöne Sätze wie: „Wenn ich an dem Virus sterbe, bin ich echt sauer“. Da muss man erst mal draufkommen. Den Sprechern gelingt es, ihren Figuren so viel Leben einzuhauchen, dass der Hörer allmählich mitfühlt und sich Sorgen macht. Allen voran Hedi Kriegeskotte als zwielichte Finanzmanagerin. Kurze musikalische Pausen laden zum Mit-und Weiterdenken ein. Auf der Yacht kommen Spielorte wie Bar, Sauna oder Kühlraum zu Gehör.

 

Das Stück erzählt die Reisegeschichte von 8 Personen. Niemand kann die Yacht verlassen. Es gibt einen Toten. Eine klassische Krimisituation. Klar, dass die einzige Nicht-Stinkreiche die Mörderin sein muss. Aber das Hörspiel ist nicht nur eine Satire über das Leben der Reichen. Von denen einige übrigens in Mar al Lago leben! Man hört, dass das Autorenteam gelauscht hat, wie Menschen miteinander reden. Dialoge, wie jeder sie kennt, tun weh. Ein Liebeszene ist reduziert auf den Satz: „Nimmst du mich mal in den Arm?“ Das Mädchen nimmt die Realität eher als beobachtende Podcasterin wahr.

Allein schon die Zusammensetzung der Typen verspricht macht neugierig: „Ein hypochondrischer Social-Media-Star, ein Schönheitschirurg mit Kapitäns-Ambitionen, ein Sterne-Koch und ein Bildhauer mit Herzschmerz und handysüchtiger Tochter.“(DLF)

Aber in erster Linie ist es ein Stück über Verschwörungsängste und die Bereitschaft jeden Unsinn zu glauben und nicht nachzufragen.

Das Hörspiel stellt aber auch die Frage, wie weit Menschen gehen dürfen, die von ihren Ideen überzeugt sind. Also auch eine aktuelle politische Dimension.

 

Fazit

 

Ein hörenswertes Kabinettstückchen, das vor allem durch seine Mischung aus Krimi und Satire beeindruckt. Das Autorenteam hat beim Text und Plot ein sehr hohes Level erreicht. Und als Regieteam noch eine Schippe draufgelegt. Was will der Hörer mehr?

 

Wertung 90 %

 

Dauer  55 Min.

 

 

Verfügbarkeit

 

ARD Audiothek

 

 

 

 

 

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