Sonntag, 15. Oktober 2023

Ballade einer vergessenen Toten – Keine leichte Kost von Liza Cody

 

Buchcover

Der NDR hat im Sommer 2023 ein Hörspiel der britischen Autorin Liza Cody produziert. Dies ist die dritte Hörspielbearbeitung nach Romanen von Cody. Die Vorlage erschien bereits 2011 auf Englisch unter dem passenderen Titel The Ballad of a Dead Nobody, die deutsche Übersetzung wurde 2019 veröffentlicht. Regie führt der Autor und Hörspielregisseur Sven Stricker. Seine Fans warten bisher vergeblich auf eine neue Geschichte um Sörensen.

Inhalt

 

Der Partner von Amy hat sie sitzen lassen. Er ist erfolgreicher Schriftsteller, sie blieb erfolglos. Deprimiert liest sie, einsam im Café sitzend einen Artikel über die Musikerin Elly Astoria. Die war in den 1980-Jahren ein Shooting-Star wurde aber brutal am Beginn ihrer Karriere ermordet. Der Täter wurde nie ermittelt. Könnte eine Biografie ein Neustart für Amy sein?

Zaghaft beschäftigt sich Amy mit dem kurzen abenteuerlichen Leben der Elly. Sie recherchiert, liest, telefoniert und dringt immer mehr in das kurze, aber aufregende Leben von Elly ein. Ja, das könnte der richtige Weg sein. Sie nimmt Kontakte zu ihren Begleiterinnen aus der Frauenband auf. Die ehemaligen Musikerinnen leben heute verstreut und ohne Kontakt zueinander. Amy fährt nach Brighton, Southampton, L.A. und führt intensive Interviews. Die hochsensible Elly ist in eine üble Musikszene voller Neid und ungesundem Ehrgeiz geraten. 

Die Musikerinnen kämpfen um Anerkennung und verlorene Tantiemen. Das korrupte Management hat erst nach Ellys Tod das große Geld gemacht. So entwickelt sich die Biografie zu einer Mordermittlung. Es gibt mindestens 5 Personen, die Täter sein könnten und ein paar von Ihnen wollen Amy erpressen, obwohl der Mord dreißig Jahre zurückliegt.

 

Das Hörspiel

 

Es ist kein einfaches Hörspiel. Der Einstieg mit den vielen Namen und Rückblenden fällt nicht leicht. Aber vermutlich ist biografische Spurensuche genau so. Da gibt es keinen klaren Weg, keinen eindeutigen Charakter und die Einzelteile müssen erst mühsam zusammengesetzt werden, damit sie ein fertiges Puzzle ergeben. Und manchmal sitzt immer noch jemand auf dem fehlenden Teil. Es gibt die Erzählerin, kurze Monologe, jede Mende Rückblenden und 14 Sprecherinnen. Wer tapfer den ersten Teil gehört hat, erlebt im zweiten Teil einen richtig spannenden Krimi mit vielen Appetithäppchen fürs Ohr: Interviews, Telefonate, abgehörte Bänder oder Lesungen und dann noch so hörenswerte Orte wie Bristol mit See und Möwen oder Los Angelos mit traurigen Buden und einem protzigen Flughafen. Die Autorin jongliert mit unterschiedlichen Erzählweisen und die Regie setzt dies kongenial um. Naheliegender Weise spielt Musik eine große Rolle. Gelegentlich ist es der Nebengeräusche zuviel. Überhaupt möchte die Autorin sehr viel. Es soll Krimi und Biografie sein. Es geht um die neidbesetzte Musik-Szene und rücksichtslose Manager. Um Drogen und Liebe, rüpelhafte Machos, schüchterne Talente aber auch um Zwillingsneid und eine zarte Liebesgeschichte zwischen alt und jung. Die Personen verbindet am Ehesten die Suche nach sich selbst, nach der Identität.

Die Sprache die Cody verwendet ist differenziert, manchmal ordinär. Einige Figuren sind komplex und tiefgründig, dann gibt es Szenen mit Menschen, die es so nur in Groschenromanen gibt. Da hätte die Bearbeitung ruhig einiges glatt bügeln dürfen. Vielleicht es auch nur zu hören, dass der Text schon mehr als 20 Jahre alt ist.

 

Fazit

 

Eigentlich eine Zumutung für den Hörer. Aber wer den Mut aufbringt, die Ohren zwei Stunden zu spitzen, wird durch eine perfekte Inszenierung belohnt.

 

Wertung 75 %

 

Dauer ca. 110 Min.

 

 

Verfügbarkeit

 

ARD Audiothek oder direkt beim NDR

 

 

 

 

 

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