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Buchcover |
Das zweiteilige Hörspiel „Westmarkt – 4 Kilo auf Kombi“ basiert auf dem bereits 2019 erschienenen Roman „Der die Träume hört“(288 S.) des türkisch-stämmigen, deutschen Autors Selim Özdogan. Es stand mehrere Wochen auf der Krimi-Bestenliste.
Inhalt
Nizar Benali ist seit kurzem Privatermittler für alles, was mit Cyberkriminalität zu tun. Dealen oder Scammen. Egal. Znezana hingegen ist Polizisten im Stadtteil Westmarkt, irgendwo im Rheinland. Dort gibt es reichlich Migranten und Shisha-Bars.Clans und brave Bürger, aber eben auch ständige Polizeieinsätze. Beide kennen sich gut und sind befreundet. Nizar hat gerade den Auftrag bekommen, im Darknet den Drogenverkäufer für den Vater eines toten Sohnes zu finden. Schwierig. Und dann taucht auch noch ein 17-Jähriger auf, der sich als sein Sohn entpuppt. Der Sohn steckt tief in der Szene und hat Schulden (4 Kilo auf Kombi). Da braucht es väterlichen Rat. Snezana muss einen Raubüberfall klären und schlägt sich mit einem rassistischen Kollegen rum. Der lässt sie bei einer Razzia hängen. Und dann soll sie noch seine Vorgesetzte werden.
Das Hörspiel
Das Hörspiel folgt den beiden sympathischen Ermittlern bei den Ermittlungen tief im Milieu des Westmarkts. Dort leben viele Migranten, oft an der Armutsgrenze, viele kleine und große Händler und Dealer. Auch Clans. Slangs, Betonungen, Redewendungen lassen den Hörer in diese Welt eindringen. Die Sprecher klingen durchweg glaubwürdig mit ihren jugendtypischen Betonungen. Und vor allem Musik, die hier eine große Rolle spielt. Mal Hintergrund, mal eigenständige Songs und immer auch gut für Gedanken-Pausen. Kopfhörer ist hier eine gute Empfehlung. Auch wer kein Freund von Gangsta-Rap ist, wird sich einfangen lassen. Die beiden Ermittlungspfade kreuzen sich zunehmend und das Hörspiel wird immer mehr zu einer Sozialstudie. Und da beginnt dann der Schatten. Die Welt der Vorurteile wird nur umgedreht und nicht kritisch hinterfragt. Die Polizei ist rassistisch und sexistisch, einer gar ein Neo-Nazi. In den Cafes der weißen Männer und Frauen wird genauso gedealt und gekokst wie in den Shisa-Bars. Was ja im Übrigen auch nicht ganz so schlimm ist. Die Clans halten die Verwandtschaft zusammen. Die Migrantenmuttis und -papis sind alle nett und fürsorglich. Dies ist, zugegeben, zugespitzt, macht aber das Hören langweilig, weil vorhersehbar. Der erste Teil ist deutlich besser gelungen, weil vieles noch unklar ist. Der zweite Teil sich, weil der Handlungsfaden vor lauter Sozialromantik verloren geht. Schade um diese eigentlich tolle Inszenierung bei der das Hören die reinste Freude ist.
Fazit
Ein Hörspiel, das mit seiner Musik und einprägsamen Sprechern ein echter Hörgenuß ist. Weniger umgekehrte Sozialkritik, mehr Krimi wäre das Sahnehäubchen.
Wertung 70 %
Dauer jeder Teil ca. 58 Min.
Verfügbarkeit
ARD-Audiothek
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