Sonntag, 25. Mai 2025

Brot weint – Ein Fest für die Ohren

 

© ARD / Jürgen Frey


Der fiktive Ort Freinau in der Schweiz. Immer noch 2056 und immer noch Dominik Bernet als Autor, Mark Ginzler als Regisseur, aber die 4. Folge mit Laura Martini als ermittelnde und erleidende Protagonistin im SRF-Radiotatort. Freinau liegt einsam und hoch in den Bergen. Es bietet als einziger Ort in der Schweiz die Möglichkeit sich ohne ständige Überwachung durch eine übermächtige Gesundheitsbehörde in der Lodge einzumieten. Hierher hat sich Laura zurückgezogen nach ihrer Arbeit in der Überwachungsbehörde.


Inhalt

 

Laura Martini ist zurück in Freinau, dem einzigen Ort in der Schweiz, in dem man vor dem Swiss Health Institut und ihrer KI (SHI KI) sicher ist. Hat Laura jedenfalls geglaubt. Aber es gibt einen unerwarteten Stromausfall und einen toten Wanderer in Lauras Lodge. Das SHI ist sofort zur Stelle, denn in der Schweiz gibt es keine Morde. Zur Stelle ist auch Luzy, der Chef vom SHI und ehemaliger Kollege. Luzy und Laura ermitteln gemeinsam! Der Herzschrittmacher des Toten wurde elektronisch aus dem Rhythmus gebracht. Luzy schwört, nichts damit zu tun zu haben. Kurz darauf wird auch noch der Outlog-Bäcker Ronnie tot aufgefunden. Ein Angriff auf das Outlog. Das Ermittler-Duo schlägt sich mit Begehungen und Befragungen rum und beäugt sich gegenseitig skeptisch. Hat das SHI die Kontrolle verloren? Machen sich Cyber-Kakerlaken und Cyborgs selbständig? Oder sind es womöglich nur Eifersüchteleien innerhalb der abgeschiedenen Enklave?

 

 

Das Hörspiel

 

Wie alle Tatorte ist „Brot weint“ in erster Linie ein Krimi. Es gibt zwei Morde, reichlich Verdächtige und sorgfältige Ermittlungen. Das alles in einer Welt voller Überwachung und Kontrolle. Menschen werden zu Maschinen. Aber werden auch Maschinen zu Menschen? Ist Brot einfach eine Ware, die nicht weint, wie es die HipHopper Fettes Brot in ihrem Abschiedslied formuliert haben? Oder kann Brot auch weinen?    In dieser Episode menschelt es bei allem SciFi stärker als in den bisherigen Episoden. Die beiden Ermittler bauen zarte Bande auf. Hass, Heimlichkeiten und Eifersucht decken Dramen shakespeareschen Ausmaßes auf. Das Hörspiel ist deutlich mehr als ein Near-Future-Krimi.

Vor allem aber ist es ein Fest für die Ohren. Die Geräuschwelt umfasst viele Tiere, Fahrzeuge und Maschinen bis hin zur E-Kakerlake. Manche Passagen erfordern hohe Konzentration, um den Text wahrzunehmen. Die Sprecher beherrschen alle Facetten der menschlichen Stimme. Der Text ist Alltagssprache, nicht anbiedernd, nicht angstmachend. Die neue Paar-Konstellation macht neugierig auf die nächsten Episoden.

 

Fazit

 

Dieser Tatort ist ein Kunstwerk, das Scifi, Krimi, Drama und Gesellschaftskritik miteinander verknüpft. Absolut hörens – und empfehlenswert.

 

Wertung    95 %

 

Dauer insges. 55 Min.

 

Verfügbarkeit

 

ARD Audiothek und beim SFR

 

Sonntag, 18. Mai 2025

Rigoletto auf Rügen – Inselkrimi 37

 



Wer als Produzent mit einer Folge 37 auf allen gängigen Streaming–Diensten, im CD-Verkauf und mp3-Format vertreten ist, kann nicht viel falsch machen. Die Reihe verspricht nordischen Charme und Witz. Ort der Handlung ist immer eine der vielen deutschen Inseln „mit ihrem typischen rauen, aber herzlichen Charme“. Diesen Anspruch hält Contendo Media trotz wechselnder Autoren tapfer durch. 

 

Inhalte

 

Rügen, die Ostsee-Insel, die jeder mit wunderschöner Landschaft und atemberaubenden Kalkfelsen assoziiert. Kein Wunder, dass ein geschäftstüchtiger Impresario auf die Idee kommt, dort für die Sommersaison eine Freilichtbühne zu installieren. Rigoletto von Verdi soll aufgeführt werden. Zugpferd ist die berühmte Sopranistin Miriam von Mühlenwarf. Allerdings ist sie dem Alkohol nicht abgeneigt und gelegentlich indisponiert. Doch Miriam noch vor Saisoneröffnung wird erdolcht in einem Sachk aufgefunden. Genau wie Gilda in der Oper! Ein Neider in der Operentourage? Doch die geben sich alle ein Alibi? Oder etwa der verarmte Fischer, der durch das Naturschutzgebiet schleicht und mit dem Bürgermeister heimlich Geschäfte macht. Mit dem hat Miriam auch heimlich Geschäfte machen wollen. Oder hat der Ranger Kosinsky den Künstlern nur einen Denkzettel verpassen wollen, weil sie permanent im Naturschutzgebiet gehaust haben wie die Vandalen? Isabel Taube, die eigentlich Urlaub macht, muss als gelernte Kommissarin die Ermittlungen übernehmen. Sie wird von der ehrgeizigen Journalistin Birte Veil unterstützt. Als Team gelingt es Ihnen, den Fall in zwei Tagen zu lösen. 

 

 

Das Hörspiel

 

Die Idee den Mord aus der Opernstory in der Wirklichkeit zu wiederholen ist großartig und weist die Autorin als Opernkennerin aus. Die Inselkulisse kommt großartig zur Geltung: Freiluftspiel am Meer, ein verarmter Fischer, hilflose Ranger und eine kleine Pension. In gutem Tempo reihen sich Spielszenen und -orte abwechslungsreich aneinander. Alle Verdächtigungen kommen oft genug zu Wort, sodass der Hörer sich ein eigenes Bild machen kann. Das Ende ist nicht ganz klischeefrei, aber unerwartet und damit spannend. Eine gelungene Mischung aus Spannung und Unterhaltung wie vom Verlag versprochen. Die Team-Idee für die Ermittler ist gelungen. Die Kommissarin ermittelt mühsam und systematisch. Die Journalisten hingegen arbeiten spontan und neugierig. Die Beiden ragen als Sprecherinnen deutlich heraus. Sie finden jederzeit den richtigen Ton für die sorgfältig formulierte Vorlage der Autorin. Insbesondere der amerikanische Akzent eines Naturschutzhelfers oder der Fischer nerven nur. Dem Hörspiel gelingt es im Übrigen noch, dem Hörer gesellschaftlich relevante Probleme zu vermitteln: Konflikt Naturschutz und Tourismus, Fangquoten als Problem für Fischer und manches mehr. Die hörenswerte Story wird immer wieder von kurzer melodischer Musik begleitet, die die jeweilige Stimmung betont.

 

Fazit


Keine Massenware, sondern ein hörenswerter, unterhaltsamer und lehrreicher Krimi, der sich nicht vor den vermeintlich anspruchsvollen Hörspielen des öffentlich-rechtlichen Radios verstecken muss.

 

 

Wertung 85 %

 

Dauer ca. 70 Min.

 

Verfügbarkeit

 

auf allen gängigen Streaming-Diensten und (immer noch) als CD

Montag, 12. Mai 2025

Mord ohne Gewalt – Eine Erinnerung an den Pastewka Podcast




 Der Podcast

Für Krimiliebhaber ein wöchentliches Muß. Pastewka präsentiert und kommentiert jeden Donnerstag ein selten oder wenig gespieltes Hörstück. Er kann dabei auf den Fundus aller ARD-Sender zurückgreifen. Immer wieder erweist sich Pastewka als brillanter Kenner der Funk-und Fernsehgeschichte. Insbesondere die Sprecher haben es ihm angetan. Selbst ein Könner ersten Ranges zählt er schon mal die lange Erfolgsriege eines Sprechers auf, unterstützt von sorgfältigen Recherchen seines Teams. Also: Vor – und Abspann sind eine wahre Fundgrube für Hörspielliebhaber. Im April 2025 präsentiert er „Mord ohne Gewalt“. Es ist ein bereits angestaubter Krimi aus dem Jahr 1984 der britischen Autorin Rae Shirley, produziert vom WDR.

 

Inhalte

 

Spannung und aufgeregte Liebe sind abhanden gekommen. Der Arzt Gilbert und Nina haben ihre Affäre beendet. Ohne dass der reiche Ehemann von Nina oder sonst jemand etwas davon erfahren hat. Oder doch? Miss Jarvis die Helferin in der Praxis wusste davon. Sie erpresst Nina, dann Gilbert und zuletzt Joe, Ninas Ehemann. Doch dem platzt der Kragen. Nicht wegen der Affäre, davon wusste er bereits. Er fürchtet um seine Berufung in den Adelsstand. Er sucht Gilbert auf und machte ihm einen Vorschlag den Gilbert kaum ablehnen kann: Mord ohne Gewalt. Gewalt gibt es nicht, aber am Ende gibt es zwei Tote.

 

 

Das Hörspiel

 

Dieses Kammerspiel mit wenigen Personen überzeugt durch seinen Plot, der auch ein halbes Jahrhundert nach Erscheinen ausgesprochen unerwartet und beeindruckend ist. Die fast literarisch anmutende Textvorlage passt auch noch in die Gegenwart. Die Figuren sind jede für sich fein gezeichnet, in den Dialogen entwickelt sich tatsächliche Interaktion, die den Hörer in eine kino-ähnliche Spannung versetzt, weil die Sprecher ihr Handwerk verstehen. Jedes Wort, jeder Ton sitzt. Man hört Angst, Freude, Hoffnung, Verzweiflung. Ältere Hörer werden Gerd Baltus als Gilbert aus vielen Filmen vor Augen haben. Lediglich Joe ist etwas grobschlächtig geraten. Zu Recht amüsiert sich Pastewka über die eigenwillige Begleitmusik.

Leider erinnert an ein solches Kunstwerk daran, wie selten in der Gegenwart noch derart sorgfältig produziert wird. 

 

Fazit

 

Pastewkas Podcast ist wie ein Flohmarkt, vieles ist alt und angestaubt und nur noch Erinnerung wert, aber es gibt auch Gegenstände in die man sich verlieben kann. 

 

 

Wertung 90 %

 

Dauer ca. 54 Min.

 

Verfügbarkeit

 

ARD

Samstag, 3. Mai 2025

Der leuchtende Schlüssel – Ein Beitrag zur Wallace-Renaissance


 



Edgar Wallace war ein erfolgreicher Krimi-Vielschreiber. Seine Romane waren spannend, etwas gruselig und immer gut zu lesen. Seine Stärke war das Atmosphärische. Der Leser bzw. Hörer fühlt sich mitten im Geschehen. Seine Schwächen waren viele widersprüchliche Aktionen und unglaubwürdige Szenen. In Deutschland ist er vor allem durch seine Filme berühmt geworden. Die Hörspielszene nahm seine Vorlagen gerne an und bereits früh gab es von den erfolgreichsten Romanen etliche Varianten. Seit einiger Zeit erscheinen nun verstärkt Neufassungen: Bliss ermittelt von Saphir Tonart, Wallace Legends von Holysoft. Der gänzlich unbekannte Verlag „Hörspielkiste“ steigt im Frühjahr auch in den Markt ein und veröffentlich „Der leuchtende Schlüssel“ in drei Teilen. Vorlage ist der gleichnamige Roman von Wallace aus dem Jahr 1930 (The clue of the silver key).


Der leuchtende Schlüssel


London: Der Ganove Horace Tim Tickler wird in seinem Auto ermordet aufgefunden. Der ruhige, routinierte Inspektor Jenkins übernimmt die Ermittlungen und taucht tief in eine Mikrowelt mit Kunstmäzenen, leichtsinnigen Bankern und kleinen Ganoven ein. Alle, mit denen er spricht, haben ein kleines Geheimnis und sagen nur einen Teil der Wahrheit. Im Verlauf der Ermittlungen stößt Smith auf ein Netz aus Intrigen, das sich durch die Londoner Unterwelt und die feine Gesellschaft zieht.vSo kommt er nicht weiter. Doch dann erhält er eine Nachricht: „Wenn sie wissen wollen, wer Tickler ermordet hat, müssen sie sich an Mr. Moran wenden.

 

Das Hörspiel

 

Es beginnt wie es sich für Wallace gehört: Eine kurze Einstimmung und dann stilechte Schüsse, laute Schreie und beunruhige Klänge. So fängt Gruseln an. Unerwartet schöne Musik begleitet den Hörer immer wieder durch die Episoden. Selbst der eingefleischte Wallace-Fan wird sich aber tapfer durch die Vielzahl der handelnden Personen kämpfen müssen. Und sich merken müssen, wer mit wem, wie verbandelt ist. Die schnell voranschreitende Handlung wird durch die vielen Dialogen angetrieben. Gelegentlich von einem Erzähler unterstützt. Hier hätte die Bearbeitung deutlich kürzen und fokussieren müssen. Der größte Schwachpunkt sind die Stimmen. Die durchaus einprägsamen Stimmen hören sich an wie im Lesewettbewerb einer Grundschule: eintönig, ohne Modulation oder Betonung. Offenbar in verschiedenen Studios aufgenommen, entwickelt sich keine Interaktion. Nicht aufgeben: Kurz vor Schluß der letzten Episode erfährt der Hörer, was es mit dem leuchtenden Schlüssel auf sich hat. Wallace ist wahrlich keine literarische Hausnummer, aber seine Stärken haben weder Autor noch Regie verstanden. Den Namen des Inspektors zu ändern, reicht nicht für eine erfolgreiche Bearbeitung. Wer „Hörspielkiste„ ist, erfährt der Hörer nicht. Auch fehlen Angaben über Sprecher, Regie etc. Aber die Bildchen sind nett und gefällig und die begleitende Musik und ist noch das Beste an diesen Episoden.

 

 

 

Fazit 

 

Hier wird offenbar mit dem Autorennamen um Abrufzahlen bei den Streaming-Diensten gebuhlt. Das Hören lohnt sich nur für Menschen, die andere davor warnen wollen.

 

 

Wertung 60 %

 

Dauer 3 Teile zu je 30/35 Minuten Min.

 

Verfügbarkeit

 

auf den gängigen Streaming-Diensten

Mallorca, Mord und Margerita – Ein kriminelle Loreley-Sage

Loreley Die preisgekrönte österreichische Autorin Magda Woitzuck ist keine Vielschreiberin, aber eine vielseitige Schreiberin. In der ARD Hö...