Sonntag, 14. Juli 2024

Tough – Mord in der Adelsszene

 

© ARD / Jürgen Frey

 

Das Team des rbb um die beiden eigenen Köpfe Christian Wonder und seine russisch-stämmige Chefin Ariane Kruse geht nun mit dem vertrauten Paar auch schon in die 6. Runde. Jeweils pünktlich im Juni. Die bisherigen Episoden waren ein Wechselbad von Hochs und Tiefs.

 

Inhalte

 

Der ältere Kunsthändler Arndt von Schellenberg wird ermordet in den Masuren aufgefunden. Nur die Kennung auf seinem Hüftimplantat führt die polnische Polizei auf eine Spur nach Berlin. Nun liegt der Vorgang auf dem Schreibtisch von Ariane Kruse. Denn Wonder reist in wenigen Wochen in den Iran, dort haben seine verschollenen Eltern zuletzt in einer Atomanlage gearbeitet. Er übernimmt trotzdem. Schellendorf ist uralter preußischer Adel und mit einer erfolgreichen jüngeren Zahnärztin verheiratet. Späte Liebe, wie man so sagt. Schellenberg war offenkundig ein erfolgreicher Händler, aber seine Geschäfte sind nicht nachzuvollziehen. Keine Unterlagen, keine Belege, nur ein Computer. Auch die Frau kennt keinen Zugangscode. Sie hat sich nie um seine Geschäfte gekümmert. In seinem Schließfach finden sich aber zwei Monets! Die Altersrücklage für die Ehefrau. Allerdings stellen sich die Monets als Fälschung heraus. Ein Hauptkunde hat vor einem Jahr seine langjährige Zusammenarbeit mit Schellenberg beendet. Ist das ein Grund für einen Mord? Was hat Schellenberg in den Masuren gemacht? Auch die Audioaufnahmen einer Art Autobiografie helfen nicht weiter. Machen Schellendorf aber sympathisch. Wonder bleibt dran und der Hörer folgt ihm bei seiner klassischen Detektivarbeit: Befragungen, Spurensuche, Spekulationen. Und immer wieder von vorne. Nicht vergeblich.

 

Das Hörspiel

 

Ein typischer Ermittlerkrimi. Die Anzahl der Verdächtigen ist überschaubar, die Handlung eher gemächlich als spannungsgeladen. Aber den wenigen Spuren zu folgen, nachzubohren hat auch seinen Reiz, weil der Autor ideenreich dem Hörer immer wieder neue Fährten legt. Hat Schellendorf seine Kunden betrogen? Oder kann der alte preußische Adel diesen Abtrünnigen nicht ertragen? Überhaupt darf der Hörer das Blaue Blut nicht unterschätzen. Neben dieser Haupthandlung gibt es immer wieder weitere Erzählstränge: Wonder auf der Suche nach seiner Vergangenheit, Wonder und seine Therapeutin. Bahnt sich da ein Techtelmechtel an? Wonder und seine saufende Chefin.

Schade, dass wieder die ewig düstere Musik von Tarwater dem Hörer jede Fantasie nimmt, selbst im iranischen Lokal muss die Hintergrundmusik quietschen. Es wäre sonst ein richtig unterhaltsamer Krimi, dem man auch manche Lebensweisheit des Autors verzeiht. Die eigentliche Stärke von Peukert liegt in den Dialogen, die immer lebensecht und glaubwürdig klingen.  Und zeitgemäß („Mein Lieblingsmensch“,“Nicht dafür“). Wie immer streift Peukert en passant viele Themen der Gegenwart: ein absurder Kunstmarkt, Lachgas, alt und jung in der Ehe gerne auch Psycho und vieles mehr. Die Regie hat auch kleine Rollen bestens besetzt. Der Hörer lauscht mit Vergnügen einem Greenkeeper an der Ostsee oder einer Berliner Kodderschnauze als Steuerfahnderin. Viele attraktive Spielorte, eine beeindruckende Geräuschkulisse vom Sitzrasenmäher bis hin zum Falkner. Die vielen kurzen Szenen erfordern allerdings Aufmerksamkeit. Auch ist die Erzählkonstruktion nicht ganz einfach. Dialoge, innere Monologe, Telefonate, Audioaufnahmen. Der Tatortautor Mosebach hat sich auch schon mal in der adligen Kunstszene bewegt. Die Fans von Ariane Kruse kommen diesmal nicht auf ihre Kosten. Sie ist von Wonders Sabbatical-Reise in den Iran genervt. Wie geht es mit Wonder weiter? Er hat die innere Spurensuche nach den Eltern und bei der Therapeutin beendet.

 

 

Fazit

 

Autor und das Herstellungsteam machen einen beachtlichen Job. Es ist ein Genuss ersten Ranges diesem Hörspiel zu folgen. Die kleinen Schwächen kann man gut überhören.

 

Wertung 90 %

 

Dauer 50 Min.

 

 


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