Sonntag, 19. Mai 2024

Keiner weiss – Ein Psycho-Krimi

 


Nach mehreren Anläufen hat es das Hörspiel von Susanne Mewe doch noch in die Audiothek (April 24) geschafft. Es fällt jedenfalls aus dem Rahmen. Die Laufzeit beträgt gute 69 Minuten und es gibt nur zwei Rollen und eine Erzählerin. Da muss Autorin und Regie schon was einfallen, um die Hörer bei der Stange zu halten.

 

Inhalt

 

Marc fährt den langen Weg von der Arbeit nach Hause. Er hat noch einen Termin bei der Erzieherin seines Sohnes. Diese Erzieherin ist beliebt und bei den Eltern geschätzt, weil sie ihren Job mit viel Herzblut ausfüllt. Aber nun dieses Gutachten. Die Erzieherin beschreibt den Sohn als apathisch und teilnahmslos. Das kann so nicht stehenbleiben. Es stimmt nicht und behindert auch den weiteren Werdegang des Kindes. Marc kommt allein. Seine Frau gibt den Sohn bei ihren Eltern ab. Bei Marc und seiner Frau kriselt es in der Ehe. Nach dem Umzug in das neue Haus weitab von Marcs Arbeitsplatz ist das Zusammenleben schwierig. Nun wollen sie an einem Wochenende in einer winterlichen Berghütte wieder zueinander finden. Marcs Frau kennt das Gutachten nicht und weiss auch nichts von dem Termin. Der beginnt heikel. Die Erzieherin muss noch aufräumen und bittet Marc zu warten. Dann klingelt ihr Handy endlos. Marc ist genervt.

Und damit beginnt eine eigene Geschichte. Das Gespräch spitzt sich immer mehr zu. Irgendwann schlägt Marc zu und verletzt die Erzieherin. Sie will ihn anzeigen. Der Dialog von zwei Menschen, die sich körperlich und seelisch verletzten endet unerwartet und dramatisch.

 

Das Hörspiel

 

Eine schlichte Konstellation. Lange Dialoge von zwei Menschen im Besprechungsraum der Kita. Lediglich unterbrochen von einer Erzählerin die etwas Atmosphäre und Hintergrundwissen einbringt. Über das Kind, die Ehefrau und ihre Eltern. Maria Gedeck spricht dies alles ausgesprochen nüchtern und neutral und ist damit der Gegenpol zu den emotionalen Dialogen. Die vorsichtige klavierbetonte Unterlegung unterstützt dies. Der Hörer vernimmt, daß die Ehefrau und ihre Eltern eine eigene, schwierige Vorgeschichte haben. Der Hörer wird überhaupt auf eine komplizierte emotionale Reise geschickt. Die beiden Hauptpersonen klingen anfangs ausgesprochen sympathisch und glaubwürdig. Jede auf ihre Weise. Mit dem Beginn der Verletzungen und Ausbrüche endet jede Sympathie. Der Hörer nimmt an der Entblößung der Hauptpersonen teil. Die Handlung spitzt sich zu, wie die Musik in Ravels Bolero. Es geht um Gewalt gegen Frauen, die für viele Männer noch selbstverständlich ist. Es geht aber auch um Gewalt durch Worte und falsche Bilder, die man von seinem Gegenüber hat. Den Sprechern gelingt es, ihre Rollen lebensecht auszufüllen. Gelegentlich wird der Hörer sich selber entdecken. Durch die vielen unerwarteten Wendungen ist das Hörspiel in keiner Minute langweilig. Und ja, bei aller Psychologie ist es letztlich ein Krimi, dessen Ende den Hörer sprachlos macht.

 

 

 

 

Fazit

 

Dank an den Sender, der den Mut hat, ein solches Hörspiel zu veröffentlichen. Susanne Mewe zeigt, dass es auch in Deutschland Autorinnen gibt, die feine psychologische Kammerspiele schreiben können.  Der Hörer muss sich aber auf dieses Format einlassen.

 

Wertung 85 %

 

Dauer ca. 69 Min.

 

 

Verfügbarkeit

 

ARD Audiothek

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Ein unkonventioneller Ratgeber gegen Internet-Kriminalität

  Die Berliner Autorin Caroline Labusch („Rächerin der Reingelegten“) hat sich als Amateurdetektiven betätigt und dokument...