Samstag, 6. April 2024

24 - 7 – Reinfall statt Einfall


 

Was hat ein twenty-four-hour-shop mit einem Hörspiel zu tun? Viel, wenn ein Internetfreak auf der Suche nach Scoops, Privates in die Öffentlichkeit zieht. Ein Thema also das Neugier und Besorgnis weckt. Der Mitautor Martin Ganteföhr hat schon durch seine Mitwirkung beim Hörspiel 39 bewiesen, dass er etwas von mobile devices versteht.

 

 

Inhalte

 

Benjamin Rohde betreibt außerordentlich erfolgreich die Audio-Live-App Scoops. Immer live bei geilen Events dabei. Keine Bilder, nur O-Töne und Benjamins Kommentare. Der finanzielle Einstieg ist ihm leichtgefallen. Seine Mutter ist Hanna Rohde, eine echte Größe in der Medienwelt. Die feiert heute Abend einen runden Geburtstag mit Tausenden von Gästen in einem mondänen Luxushotel. Darüber live zu berichten, will sich Benjamin nicht entgehen lassen. Er erhofft sich aber noch einen weiteren Effekt. Zieht sich seine Mutter aus dem Business zurück und übergibt ihm die Leitung?

 

Es kommt anders. Benjamin sitzt in U-Haft. Er wird verdächtigt, einen Mordanschlag auf seine Mutter verübt zu haben. Nach einem Zusammenbruch ringt diese im Krankenhaus mit dem Tode. Benjamin streitet alles ab. Überraschend tauchen Mitschnitte aller Gespräche von diesem Wochenende auf. Bringt diese Datenmenge eine Entlastung? Einige Ausschnitte spielt die Journalistin Rike im Netz vor. Rike arbeitet für den Konkurrenzkonzern und ist Crime Reporterin. Verdächtige gibt es nun reichlich.

 

Das Hörspiel

 

Der Zweiteiler kommt langsam in Gang. Nach den ersten zwanzig Minuten zeichnet sich vorsichtig eine Handlung ab, die aber erst zum Schluss von Teil 1 Spannung andeutet.   Das Hörspiel umfasst zeitlich gesehen einen Nachmittag und Abend, sowie den nächsten Vormittag. Spielort am Tag ist das Hotel, am nächsten Morgen das Auto von Rike. Es gibt es viele O-Töne zu hören, aber ansonsten dauernd die Kommentare von Benjamin oder Rike. Der Hörer zieht den Hut ab, vor dem Sprechtalent Gerald Diehls als Benjamin, aber Spannung wird dadurch nicht erzeugt. Immerhin ist unüberhörbar das Benjamin ne fiese Möpp ist. Aber auch alle anderen Mitspieler sind eher Marionetten als Menschen mit Leib und Seele: die Stiefgeschwister, ein intriganter Künstler, ein karrieregeiler Politiker und und. Ja richtig, das hört sich sehr nach billiger Vorabendserie im Fernsehen an. So viele Klischeefiguren erlebt man selten. Teil 2 übernimmt die Konkurrentin Rike die Kommentarfunktion und berichtet aus ihrer Perspektive. Der Hörer bekommt einen Eindruck von den Möglichkeiten und Gefahren neuer Medien. Das wird technisch überzeugend inszeniert. Aber auf der Jagd nach Followern werden schon mal Grenzen überschritten.

Eine Schlussredaktion hätte dem Text gutgetan. Ein Krankenwagen hat nun wirklich keinen Kofferraum. Und wer spricht schon heute noch die Bedienung mit „Fräulein“ an? Die von den Toten auferstandene Hanna Rohde macht Rike nach einem Telefongespräch zur neuen CEO von Scoop. Wer denkt sich denn so einen Blödsinn aus? Unglaubwürdige Szenen gibt es reichlich. Aber die entscheidende Schwachstelle des Hörspiels ist, dass es dem Hörer jede Neugier und Freude nimmt. Benjamin und Rike tragen alle Gedanken vor, die eigentlich dem Hörer überlassen sein sollten. Und dauernd wird irgendein Mitschnitt hervorgezaubert, der wieder einen anderen Aspekt einläutet. Trotz vieler gelungener technischer Spielereien ist das Hörspiel todlangweilig. Das Stück will Familendrama, sicher auch Medienkritik sein. Schade, dass dies alles untergeht. Ein Krimi ist es auf keinen Fall

 

 

Fazit

 

Vielleicht ist es eine Generationenfrage. Nicht Fisch, nicht Fleisch. Todlangweilig trotz vieler technischer Raffnissen. Ein Tiefpunkt der ARD Hörspielkunst.

 

Wertung besser nicht

 

Dauer 2 Episoden ca. 52 Min.

 

 

Verfügbarkeit

 

ARD Audiothek

 

 

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