Samstag, 24. September 2022

Die größten Fälle des BND 01: Der unverzichtbare Feind


 

Als Spin-off der erfolgreichen Serie „Die größten Fälle von Scotland Yard“ veröffentlicht der rührige Maritim-Verlag eine neue Serie aus der Welt des Bundesnachrichtendienstes und der Geheimagenten. Die 1. Episode erschien Ende August 22 und es sollen 11 weiteren Episoden im Abstand von ca. 14 Tagen veröffentlicht werden. Der etwas komplizierte Produktionshintergrund deutet bereits an, dass hier ein neuer Wind weht.

 

Inhalt

 

Die Serie erzählt aus dem Leben der Kunststudentin Anna Gudwin, die sich auf die Suche nach ihrem totgeblauten Vater macht. Dies fiktive Geschichte wird immer wieder unterbrochen durch historische Szenen aus der zweifelhaften Geschichte des Bundesnachrichtendienstes. Gegen Ende der 1.Episode versteht der Hörer diese Verknüpfung.

 

Handlung Fiktion

 

Die gerade exmatrikulierte Kunststudentin Anna wird im Gedrängel von einem Mann angesprochen. Er hat alle ihre Wertsachen bei sich. Offenbar hat sich ein Taschendieb an ihrer Handtasche versucht. Die dankbare Anna lädt ihn in die nächstbeste Kneipe ein. Der hilfreiche Manfred Mor stellt sich als ein BND-Agent heraus. Er schlägt ihr vor, für den BND als Agentin zu arbeiten. Warum sollte sie das tun? Mohr berichtet, dass ihr totgeglaubter Vater kein harmloser Kaufmann, sondern ein BND-Agent, der möglicherweise noch lebt.

Anna beginnt tatsächlich eine Ausbildung zu Agentin. Als sie allerdings mit einem Kollegen anbandelt, gerät sie unversehens in einen Strudel von Abenteuern.

 

Handlung Doku

 

Der Nazi Reinhard Gehlen war gegen Kriegsende Leiter der „Aufklärung Ost“ und damit verantwortlich für alle Spionagetätigkeiten in Russland. Gegen Kriegsende kalkulierte Gehlen, mit Scheitern der Nazis und einer starken Rolle Russland im Nachkriegsdeutschland und ließ die wichtigsten Geheimdienstinformation heimlich auf Mikrofilm sichern und vergrub sie in einem Bergwerk, in dessen Nähe er sich dann auch versteckte. Hier nistet sich die Fiktion ein: Einer dieser Helfer war Annas Großvater! Gehlen gelang es tatsächlich, die Mikrofilme den Amerikaner als Pfand für seine Unbescholtenheit anzubieten. Er vermied nicht nur eine Verurteilung, sondern durfte auch die erste westdeutschen Geheimdienstorganisation unter der Obhut der Amerikaner aufbauen. Gehlen vertraute dabei massiv auf Alt-Nazis, die den künftigen BND (Bundesnachrichtendienst) durchsetzten.

 

 

Das Hörspiel

 

Doku und Fiktion sind ohne Erzähler vermischt und der Hörer braucht etwas Zeit sich einzuhören. Das verbindende Glied ist Annas Vater, der ein früher Mitarbeiter Gehlens war. Das Hörspiel verknüpft also eine Familiengeschichte mit der Zeitgeschichte.

Die Doku bezieht sich auf das Ende des 2. Weltkriegs, die Fiktion spielt in der Gegenwart. Aber dies alles wird zügig erzählt, atmosphärisch sehr dicht und zunehmend spannend. Die Figuren klingen mit ihren sprachlichen Färbungen authentisch wie selten. Es ist zu hoffen, dass die Hörer dies honorieren. Jenny Löffler gelingt es bestens dem Hörer die verwirrte, aber ehrgeizige Anna zum Leben zu wecken. Ein wenig unsicher, aber auch neugierig und mutig und dennoch voll im wirklichen Leben.

 

Form

 

Die Form ist in jeder Hinsicht überraschend neu. Es werden Fiktion und Dokumentation vermischt, die Story spielt in verschiedenen Zeitebenen und das alles wird ohne verbindenden Erzähler gesprochen. Gelegentlich gibt es Rückblenden. Der Stoff ist als Agenten-Thriller spannend, als politische Dokumentation ausgesprochen lehrreich. Soweit der gelernte Historiker das auf die Schnelle beurteilen kann, wurde hier saubere Recherche-Arbeit geleistet. Endlich lässt sich eine Regie darauf ein, ein Sounddesign zu hinterlegen, dass dem Hörer zuSDtraut, eigene Bilder im Kopf zu entwickeln. Originale Tondokumente erhöhen die Glaubwürdigkeit.

 

Produktion

 

Maritim/Highscore geht mit dieser Reihe nicht nur in der Form, sondern in der Produktion neue Wege. Produzent ist ein in Irland angesiedeltes Start-Up (Rockasheep/Audio Quants), das mutig die ausgetretenen Pfade verlässt. Weitgehend unbekannt sind Autor, Musiker, Sprecher und Themen. Der Hörer darf also nicht auf Vertrautes hoffen, sondern muss den Mut haben, sich auf Neues einzulassen. Netflix-Serienliebhaber werden hören, dass die Produktion sich dort etwas abgeguckt hat. Der Produzent Christoph Lehmann (zusammen mit Anette Karmann) bezeichnet dies als „Hollywood ohne Bild“.

 

 

Fazit

 

Die „Fälle des BND“ wildern in verschiedensten Genres, das macht sie neu und attraktiv. Ein wunderbares Hörerlebnis für viele Zielgruppen. Eine Mischung aus Spannung, Familie, Geschichte und Politik. Hört zu! Und freut euch auf weitere Episoden.



Wertung  85%

 

Dauer 76 min

 

 

Verfügbarkeit

 

Bei Winterzeit/Audiobooks oder den gängigen Streaming-Diensten

 

Sonstiges

 

Ein kurzer Teaser zur Einstimmung 


Eine kleine Hörprobe

 

Organisation Gehlen auf Wikipedia

 

Die Spiegel-Ausgaben ab März 1971: Pullach intern

 

Die ersten Minuten einer ZDF-Doku zur Veranschaulichung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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